KONJUNKTUR: ERSTAUNLICHE GELASSENHEIT TROTZ TEUREN ÖLS
: Eine stille, schleichende Ökologisierung

Die deutschen Unternehmer schätzen ihre Lage wieder skeptischer ein. Der Geschäftsklimaindex des Ifo-Instituts ist im August überraschend gesunken. Zwar wird noch eine Besserung in den kommenden Monaten erwartet. Allerdings schwebt der hohe Ölpreis als Damoklesschwert über den Prognosen: Teure Energie ist ökologisch sinnvoll, gilt allerdings als Konjunkturbremse. Allein in diesem Jahr kostet die Hausse am Ölmarkt 0,3 Prozent Wachstum, schätzen Experten.

Erstaunlich ist die Gelassenheit, mit der diese Entwicklung hingenommen wird. Keine Benzinwut, keine populistischen Forderungen nach Senkung von Mineral- oder Ökosteuer. Die Deutschen verhalten sich einfach der Situation entsprechend: Sie fahren weniger Auto. Der Benzinabsatz ist im ersten Halbjahr um 5 Prozent gesunken. Und die Hausbesitzer sorgen sich um ihre Heizkosten. Unternehmen, die bessere Wärmedämmung oder sparsamere Heizkessel anbieten, verzeichnen eine steigende Nachfrage. Auch wenn Energiesparen in der öffentlichen Debatte derzeit keine große Rolle spielt – es gibt eine stille und schleichende Ökologisierung der Gesellschaft.

Dieser Trend dürfte sich verstärken. Noch halten sich Unternehmen und Verbraucher zwar mit größeren Investitionen zurück. Doch irgendwann muss ein überalterter Fuhrpark erneuert oder müssen Maschinen ersetzt werden. Teures Öl wird dafür sorgen, dass der Energieverbrauch die Kaufentscheidung mitbestimmt. Der vom kommenden Jahr an geplante Wärmepass für Häuser, der die Qualität der Isolierung sichtbar macht, wird zu einem Auftragsboom bei entsprechenden Firmen des Bauhandwerks führen.

Die Frage ist, ob die Unternehmen weiter nur mit Sorge auf den Ölpreis blicken oder die vorhandenen Trends nutzen und durch entsprechendes Marketing verstärken. Zum Beispiel die Automobilindustrie: Noch bewerben die Hersteller ihre Modelle vor allem mit Dynamik und Styling. Ein sparsamer Verbrauch stand schon lange nicht mehr im Mittelpunkt einer Kampagne. Dabei wäre der Markt dafür wieder reif. STEPHAN KOSCH