Mahlzeit nach Fahrplan

ESSEN AUF RÄDERN Mobile Dienstleister liefern älteren und pflegebedürftigen Menschen täglich Menüs ins Haus. Qualität und Service halten aber nur selten, was die Firmen versprechen. Zudem werden viele Kunden nicht darüber informiert, dass ihnen ein Zuschuss zusteht

Das Essen auf Rädern ist oft alles andere als gesund: zu viel Fett und Salz, zu wenig Kohlenhydrate

VON LENA KAISER

Einkaufen, Kochen und Abwaschen – mobile Menüdienste nehmen ihren Kunden alltägliche Tätigkeiten ab und ermöglichen es ihnen, länger in den eigenen vier Wänden zu wohnen. Zudem haben sie Einfluss darauf, wie ausgewogen sich ihre Kunden ernähren. „Doch was den Verbrauchern serviert wird, ist oft qualitativ dürftig“, sagt Barbara Heidemann von der Verbraucherzentrale Hamburg.

Bereits 2004 stellte die Stiftung Warentest fest, dass die gelieferten Speisen alles andere als gesund sind: Zu viel Fett und Salz, zu wenig Kohlenhydrate beanstandete das Magazin bei sechs Hamburger Anbietern. Seither gab es keine weiteren Tests. Dabei wäre es sehr wünschenswert, wenn die Dienstleister weiter beobachtet würden, sagt Heidemann.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) gab jetzt bekannt, dass sie bundesweite Qualitätsstandards in der Gemeinschaftsverpflegung einführen will. „Die Nährstoffversorgung quer durch alle Altersgruppen ist nicht optimal“, urteilten die Ernährungsexperten. Daher gebe es politischen Handlungsbedarf. Der DGE zufolge werden bundesweit täglich rund 320.000 Menschen mit Essen auf Rädern beliefert. Das Angebot umfasst tiefgekühlte Mahlzeiten, die noch erwärmt werden müssen und solche, die vor der Auslieferung vom Anbieter etwa im Lieferfahrzeug erhitzt oder über viele Stunden warmgehalten werden.

Die Gelben Seiten führen im Großraum Hamburg fünf Anbieter, die Essen auf Rädern ausliefern. Diesen Dienst nehmen über 6.000, vor allem ältere Menschen in Anspruch. Als einzige karitative Einrichtung bieten die Johanniter einen eigenständigen Menüservice an. Nach eigenen Angaben sind 30 Prozent der Belieferten Menschen mit Behinderungen und etwa zwei Drittel über 75 Jahre alt.

Unter den privaten Anbietern bezeichnet sich die Hamburger Küche und Heimkost selbst als größten Anbieter in der Region. Die Gerichte werden mit einer Warmhaltebox in einer Alu-Einwegschale serviert. Das Essen werde aber nicht gereicht, sagt eine Mitarbeiterin, das mache der Pflegedienst.

Im Unterschied zum Pflegedienst ist der Menüservice eine private Leistung, die sich auf die Anlieferung der warmen oder tiefgekühlten Speisen bezieht. Serviceleistungen und Hilfestellungen gehören meist nicht zum Angebot, da sie in den Bereich der Pflege fallen. Doch fallen vielen älteren Menschen bestimmte Handgriffe, wie das Öffnen der Verpackung oder das Kleinschneiden von Fleisch, schwer. „Es ist wichtig, den Anbietern Fragen zu stellen, um sich vorab ein genaues Bild von Qualität, Lieferbedingungen und Speiseplan zu machen“, empfiehlt Heidemann. Wichtige Kriterien seien dabei die Art der Zubereitung, frische Komponenten im Speiseplan, Angaben zu Zusatzstoffen oder die Möglichkeit, kurzfristig zu bestellen und abzubestellen.

Oft sind solche Informationen nicht transparent und schwer zugänglich. „Viele wissen nicht, dass es einen Zuschuss gibt, wenn man die Grundsicherung bekommt“, sagt eine Mitarbeiterin der Hamburger Küche und Heimkost. Um eine Zuzahlung von 2,56 Euro pro Mahlzeit zu erhalten, müssen laut Seniorenberatung des Bezirksamts Hamburg Altstadt zwei Voraussetzungen nachgewiesen werden: Es müssen die sozialhilferechtlichen Bedingungen erfüllt sein und die betreffende Person darf nachweislich nicht in der Lage sein, sich ein Essen selbst zuzubereiten. Das seien meistens pflegebedürftige Personen, sagt ein Sprecher der Beratungsstelle.

Älteren Menschen empfiehlt er, die Mahlzeitenpauschale beim Sozialamt im jeweiligen Bezirk zu beantragen. Dafür sei es jedoch erforderlich, die finanziellen Verhältnisse offenzulegen. Über die Qualitätskriterien für Menüdienste können sich Interessierte telefonisch bei den Verbraucherzentralen informieren. Außerdem geben Seniorenberatungsstellen Auskunft über die Anbieter und finanzielle Zuschüsse.

Eine gute Alternative zum warmen Essen auf Rädern ist der Lieferservice tiefgekühlter Gerichte, rät Barbara Heidemann. Sofern die betroffene Person noch gehen könne, gebe es zudem die Möglichkeit in einer Senioreneinrichtung in der Nähe mitzuessen. Dadurch biete sich auch die Gelegenheit, „sich mit anderen Menschen zu treffen“, sagt sie.