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wortwechselReden oder nicht reden – ist das hier die Frage?

Mit Rechten reden? Mit welchen? Wo scheint reden sinnlos – wo bewahrt es vielleicht vor Mord und Totschlag? Ein taz Text zum Thema löst viel Zustimmung und viele Fragen aus

Rechte Demo in Cottbus unter dem Motto „Eine Wende ist möglich“. Vielleicht auch im Kopf? Foto: Stefan Boness/Ipon

„Sprechen und hören“,

taz vom 10./11. 11. 18

Gegenargumente

Natürlich soll man mit den „Rechten“ reden und diskutieren. Die Gegenseite hat durchaus die besseren sachlichen Argumente. Ich sträube mich nur gegen den Gedanken, die Gegenseite als „links“ zu bezeichnen. Es gibt auch in der CDU Menschen, denen die Argumente der AfD total zuwider sind. „Humanistische“ Gegenargumente passt besser als „linke“. Man sollte sich nur nicht auf das gleiche Niveau der Emotionen begeben. Mit Empörung übertüncht man die sachliche Ebene und bringt unsichere Geister zum Zweifeln. Mit Emotionen kann man sich in „trumpscher Manier“ aufblasen, aber ohne Emotionen und Empörung hätte es nie einen Umbruch gegeben. Neben mir liegt das Buch von Stéphane Hessel „Empört Euch“. Manchmal benötigt die Welt Emotionen, um vorwärtszukommen. Aber jeder Mensch, der in einer Partnerschaft lebt, wird gemerkt haben, dass, wenn Emotionen auf Emotionen treffen, meist nichts dabei herauskommt, wenn man nicht auf die sachliche Ebene zurück findet. Christoph Krolzig, Öhningen

Welche „Rechten“?

Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit schützt vor staatlicher Einschränkung und Zensur, es garantiert aber weder einen Anspruch auf Antwort noch auf ein wohlwollendes Publikum. Die Frage, ob „man mit Rechten reden“ solle, kann in dieser Abstraktheit nicht produktiv diskutiert werden. An wen richtet sich dieser Appell? Ebenso unklar bleibt, an was für „Rechte“ hier gedacht ist. Prügelnder Mob? Verurteilte Brandstifter? PolitikerInnen und PublizistInnen, die völkische und rassistische Elemente in ihren Diskurs einfließen lassen? Frustrierte AfD-Wähler?

Die Herren Sarrazin und Jongen nutzen ihr Grundrecht auf Meinungsfreiheit in diesem Land extensiv und leben sehr gut davon. Was sie allerdings darüber hinaus besonders qualifiziert, zu diesem Thema vor Studierenden zu sprechen, bleibt unklar. Zudem handelt es sich bei einem Seminar um ein Lernarrangement, mit dessen Hilfe bestimmte Erkenntnisgewinne erzielt werden sollen.

Solange nicht bekannt ist, wie das im vorliegenden Fall erreicht werden soll und wie die Studierenden darauf vorbereitet wurden, ist es schwer, die Sinnhaftigkeit dieser Einladung zu beurteilen.

Eleonore von Oertzen, Hannover

Ermutigend unaufgeregt

Manchmal fehlen einem schon die Worte, wenn man als aufmerksamer Zeitungsleser, Tagesschau- und Politmagazin-Gucker mit menschenverachtenden, mit gemeinhin als „Rechts“ bezeichneten Positionen konfrontiert ist.

In diese Sprachlosigkeit wirken Jan Feddersens Positionen zum Dialog mit Menschen vermeintlicher oder tatsächlich rechter Gesinnung völlig unaufgeregt, sinnstiftend und ermutigend hinein!

Vielen Dank dafür!

Thomas Schwarz, Riegelsberg

„Aufhaltsamer“ Aufstieg

Ich möchte bemerken, dass Bertolt Brecht im Gegensatz zum Artikel den Aufstieg des Arturo Ui als einen aufhaltsamen betitelt hat. Das ist für mich ja eben das Schöne an diesem Titel. Dabei scheint in meinem Umfeld Jan Feddersen jedoch nicht der Einzige zu sein, der sich eher an eine Unaufhaltsamkeit zu erinnern scheint. Ich glaube nicht, dass dem so viel Bedeutung zuzuweisen ist, es ist dennoch ein interessanter Fakt.

Adrian Ciszek, Berlin

No pasarán!

Jetzt mal ehrlich, was ist so schlimm daran, wenn sich die Sarrazins und Jongens als Diskriminierte inszenieren? So lange sie in dieser Position verweilen, sind sie (noch) keine große Gefahr. Faschisten werden erst dann gefährlich, wenn sie sich mächtig aufführen. (Erfolg macht sexy). Mögen wir das mit Kraft verhindern.

No pasarán!

Lilo Wolter Kneilmann, Ingelbach

Defektes rechtes Hirn?

Die meisten Denkansätze der Rechten (wenn sie denn überhaupt denken) sind so abstrus, fern jeder Religion und Menschlichkeit, fern von Zukunftssicherung für die eigenen Kinder, also für das eigene Fleisch und Blut, fast selbstmörderisch. Ein Rechter ist ein Mensch mit einem defekten Hirn. Was soll da ‚Reden‘ nützen? Sylvi auf taz.de

Sie wollen stören

Naive Argumentation, weil der Autor hier die Diskurs-Strategie und Taktiken der neuen Rechten ignoriert. Deren klares Ziel es ist, aufklärerische Diskurse grundsätzlich zu stören oder (besser) zu verhindern. Wagenbär auf taz.de

Kontextklärung, bitte!

Jan Feddersen plädiert in seinem Artikel für eine offensive Auseinandersetzung mit Rechtspopulisten. Das Problem dabei ist weniger die Position als die hemdsärmelige Weise, in der er sie darlegt. Die Frage eines politisch klugen Umgangs mit Rechten ist eine Frage der Genauigkeit und des Kontextes. Statt sich jedoch um Kontextklärung zu bemühen, erfolgen deftige Paukenschläge des Autors gegen Linke, die nur um sich selbst kreisten und vornehmlich um Fragen stritten, wie „Ist Käse nicht doch manchmal okay?“. Die Crux eines Umgangs mit Rechts ist aber nicht, Rechtspopulisten keine Möglichkeiten für ihre Inszenierungen als zensiert und diskriminiert zu liefern. Denn dass Demagogen sich als verfolgte Unschuld präsentieren, gehört zu ihrem politischen Kalkül, und Anlass dafür finden sie jederzeit. Stattdessen ist die Schwierigkeit, zu unterscheiden, in welchen Kontexten eine öffentliche Auseinandersetzung mit rechtspopulistischen Akteuren politisch klug ist und wann eben nicht. Denn die öffentliche Diskussionskultur ist leider keine, wo nur das vernünftige Argument gewinnt. Um hier gefeit zu sein, bedarf es politischer Urteilskraft.

Johannes Röß, Frankfurt a. M.

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