: Stromnetz killt Landstrom
Kreuzfahrtschiffe beziehen im Herbst kaum sauberen Strom, weil Dieselgeneratoren günstiger sind
Von Gernot Knödler
Die Landstromanlage für Kreuzfahrtschiffe in Altona wird seit Herbstbeginn nur zweieinhalb Stunden am Tag genutzt. Wie eine Anfrage der Linken an den Senat ergeben hat, liegt dies daran, dass die Bundesnetzagentur in Hochlastzeiten den Strom verteuert, um das Netz stabil zu halten.
Die Landstromanlage ist mit Fördermillionen des Bundes und der EU gebaut worden, um die Luftverschmutzung zu bekämpfen. Über die Anlage werden die Schiffe mit Ökostrom des städtischen Versorgers Hamburg Energie beliefert. Die „Steckdose für Schiffe“ gehört zu den Maßnahmen, mit denen der rot-grüne Senat seinen Luftreinhalteplan umsetzen will. 39 Prozent der Stickoxide stammen laut dem Luftreinhalteplan des Senats von den Schiffen im Hafen.
Landstrom ermöglicht es den Schiffen, ihre Dieselgeneratoren abzuschalten, mit denen sie ihren Strombedarf im Hafen decken. Die Bundesnetzagentur gewährt großen Stromkunden, wie sie sagt, Rabatte beim Stromnetzentgelt, wenn sie zu Zeiten Strom beziehen, in denen das Netz schwach ausgelastet ist. Im Herbst und Winter ist der Strombedarf höher – das Zeitfenster, in dem die Rabatte gelten, verringert sich. Und weil es für sie sehr viel billiger ist, werfen die Schiffe ihre Dieselgeneratoren an, sobald es sich schließt.
Von April hat die „Aida Sol“ deshalb über den jeweils weitaus größten Teil ihrer Liegezeit Landstrom bezogen – zuletzt am 18. August, als sie 11,25 Stunden im Hafen lag und von acht bis 17 Uhr Landstrom bezog. Am 17. September lag sie 11,5 Stunden im Hafen, bezog aber nur von acht bis 10.30 Uhr Landstrom. Denn ab 10.30 Uhr beginnt das von Stromnetz Hamburg ermittelte Hochlastfenster.
„Wir finden das absurd, dass eine Landstromanlage, die vom Bundesumweltministerium gefördert wird, vom Bundeswirtschaftsministerium in ihrer Auslastung beschränkt wird“, sagt Susanne Meinecke, Sprecherin der Hamburger Wirtschaftsbehörde. Zumindest für Anlagen, die der Luftreinhaltung dienten, müsse es eine Sonderregelung geben. „Wir werden deshalb Gespräche in Berlin führen“, kündigt Meinecke an.
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