Für jeden ein Fass

ANTI-AKW-BEWEGUNG 125.000 Fässer Atommüll lagern in der Asse II – genauso viele Einwohner hat der gesamte Landkreis Wolfenbüttel. Die engagierte Ökolandwirtin Ursula Kleber lebt und arbeitet in der unmittelbaren Umgebung der Asse

■ 55, Ökolandwirtin, ist Mitgründerin von aufpASSEn! e. V. – einer Bürgerinitiative, die sich kritisch mit der Endlagerproblematik aus-einandersetzt.

Frau Kleber, wie sieht es heute morgen in der Asse aus? Alles dicht?

Ursula Kleber: Die Asse ist nicht dicht. Wir wissen, dass dort seit 20 Jahren jeden Tag etwa 12.000 Liter gesättigte Steinsalzlauge eindringen, die zurzeit noch aufgefangen werden. Wir wissen allerdings nicht, was nach der Stilllegung passiert. Es herrscht nun großes Entsetzen darüber, dass Atomkraftwerke weiterhin Müll produzieren dürfen – hier vor Ort bei der Asse erleben wir eben sehr direkt, wie das ausgeht.

Die Steinsalzlauge hat das Potenzial, die Fässer allmählich zu zersetzen?

Es gibt ja bereits zersetzte Fässer. Im Sommer 2008 ist bekannt geworden, dass in der Schachtanlage schon Radionuklide aus den Fässern zu finden sind.

Was kostete es Energieunternehmen wie Eon oder Vattenfall eigentlich, ihren radioaktiven Müll in der Schachtanlage zu lagern?

Am Anfang war es komplett kostenlos. In den letzten Jahren der Einlagerungsphase, also bis 1978, mussten pro Fass dann einmalige Gebühren bei der Anlieferung gezahlt werden, es handelte sich dabei jedoch um sehr niedrige Sätze von wenigen hundert D-Mark pro Fass.

Eines der Argumente der Atombefürworter ist der günstige Strompreis für den Endverbraucher. Welchen Preis zahlt er als Steuerzahler?

Alle drei Schließungskonzepte für die Asse, die momentan erwogen werden, verursachen Kosten in Milliardenhöhe.

Ist noch etwas anderes denkbar, als den Müll möglichst tief unter der Erde zu verbuddeln?

„Es herrscht Entsetzen darüber, dass Atomkraftwerke weiter Müll produzieren dürfen“

In Deutschland strebt man unzugängliche Endlager an. Mir persönlich ist das auch lieber, weil wir die Stabilität unserer Gesellschaft nicht ohne Weiteres prognostizieren können. Unbefugte Zugriffe, zum Beispiel in gesellschaftlichen Umbruchsituationen, werden so ausgeschlossen.

Wir sind jetzt Ende 20. Werden unsere Enkel deutsche Atomkraftwerke erleben?

Nein, aber das liegt nicht nur an politischen Entscheidungen, sondern auch an der Rohstoffsituation. Die Uranreserven der Erde werden in spätestens 50 Jahren zu Ende gehen. Allerdings könnten dann zum Beispiel die Spaltprodukte des Urans noch weiter zur Energiegewinnung benutzt werden, so wie es jetzt schon mit dem Plutonium geschieht. Sofern man das will.INTERVIEW: PHILIPP SCHOSSAU, EMILIA SMECHOWSKI