Auszug der Exgrünpflanzen

Das Ende von „Forever Jungswohnung“ und warum auch das ultrawitzig sein kann

Es sind doch wieder fast sieben Jahre in der Jungswohnung geworden. Eigentlich war sie ja wie üblich nur als Übergang gedacht – eine Atempause zum finanziellen sowie mentalen Gesundschrumpfen. Davor Pärchenwohnung, Jungswohnung, WG, Pärchen-WG und Jungswohnung, immer wieder Jungswohnung. „Forever Jungswohnung“, habe ich sogar zwischenzeitlich gedacht und mich dabei gar nicht mal so übel gefühlt.

Alles läuft rund, und während man in der Pärchenwohnung erst mal wieder die Laufwege des anderen kennen lernen muss, ist hier die Organisation noch perfekt: Auf der linken Seite des großen Bettes schlafe ich und die rechte dient als Stellfläche für leere Bierdosen, Nachtsuppentöpfe und Literatur aller Art. Wer immer gleich alles beiseite räumt, ist doch im Grunde ein Nazi. Auch wer Blumen gießt, ist suspekt: Überall recken mir die Leichen meiner ehemaligen Grünpflanzen anklagend ihre dürren vertrockneten Ärmchen entgegen. Ich weiß gar nicht, warum die sich beschweren: Ich habe sie nicht eingeladen. Irgendeine Dame hat sie mal hier abgestellt und ist später weggegangen.

Jetzt räume ich meine typische Jungswohnung. Das macht Mühe, auch deshalb dürfte ich eigentlich niemals hier weg: Das Ziehen der unzähligen Reißzwecken aus der grandiosen Strafzettelsammlung, mit der ich mein Bad tapeziert habe – Falschparken, Geschwindigkeitsübertretungen und die wenigen Prunkstücke mit den echten Flensburger Punkten. Witzig.

Der Spruch aus ellenhohen Buchstaben, den ich vor Jahren in einer Sommernacht aus Liebeskummer mit Pflaumenmus an die Wand geschmiert habe, und der nun nie mehr abgeht. Sehr witzig.

Die verstaubten Fußballschals aus aller Herren Länder unter der Decke. Megawitzig. In der Küche die Fotogalerie mit der selbst geknipsten Serie „Plattgefahrene Tiere auf griechischen Landstraßen“ – der Hund, der aussieht, als ob er schläft; die platte Schildkröte; die zerquetschte Ratte. Ultrawitzig.

Sie waren schon immer witzig, meine Jungswohnungen. Ich habe das Gefühl, dass es diesmal die letzte gewesen sein könnte. Vielleicht wurde es mit vierzig ja auch wirklich mal Zeit.ULI HANNEMANN