Bettina Late Night

Wie geht es weiter mit dem „Talk der Woche“? Und geht es überhaupt? Das Konzept wird schon überarbeitet. Moderatorin Rust kann damit nicht zufrieden sein – so wenig wie mit den Quoten

VON HANNAH PILARCZYK

Die Geschichte kennt man: Sat.1-Chef Roger Schawinski hat Feuer gefangen für eine neue Sendung. Er persönlich sucht daraufhin eine Frau als Moderatorin aus. Die Sendung startet unter großem Medienrummel, doch die Quoten enttäuschen. Schnell wird klar: Format und Moderatorin passen nicht zusammen. Ein letztes Mal wird am Konzept gefeilt, vergebens. Nach einer Gnadenfrist wird die Sendung eingestellt. Dies ist die Geschichte von Anke Engelkes „Anke Late Night“. Und vielleicht bald auch die von Bettina Rusts „Talk der Woche“.

Die Veränderungen an Schawinskis aktuellem Prestigeprojekt sind klein: Statt vier Themen sind für Rusts Runde an diesem Sonntag erstmals drei eingeplant. Eine Reaktion auf die fast einhellige Kritik, dass das bisherige Konzept mit einer Viertelstunde Diskussionszeit pro Thema nicht funktioniere. Und auch an der Gästekonstellation wird gearbeitet. Sollte die Runde zunächst nicht von Politikern dominiert werden, saßen sich in der letzten Sendung mit CSU-Generalsekretär Markus Söder und dem Spitzenkandidaten der Linkspartei, Gregor Gysi, gleich zwei gegenüber. Für Bettina Rust sicherlich nicht die Wunschkonstellation. Sie hatte auf weniger Politiker und mehr Frauen vom Format einer Iris Berben als Gäste gesetzt. Ob sie da mit dem FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle und der Sat.1-Moderatorin „Richterin“ Barbara Salesch, die ihr für den morgigen Sonntag eingeladen wurden, glücklich ist? Auf die Frage, wie viel Mitsprache Rust bei der Auswahl der Gäste (noch) hat, kriegt man nur eine mehrdeutige Antwort von Sendersprecherin Kristina Faßler: „In der Redaktionskonferenz wird über die Gäste gemeinsam diskutiert und entschieden.“

Natürlich machen zwei Politiker noch kein „Christiansen“ aus der Sendung, weder quotenmäßig – Christiansen hat fast viermal so viele Zuschauer – noch inhaltlich. Der „Talk am Sonntag“ bleibt der gesellschaftspolitische Talk, als der er gestartet ist. Gerade im Umgang mit Politikergästen zeigt sich aber, warum Bettina Rust eine Fehlbesetzung ist: Sie ist unbeholfen bis überfordert. Gregor Gysi wurde von ihr letzten Sonntag etwa der SED zugeordnet – auf dessen Zurechtweisung hin entschuldigte sie sich sogleich. Jenseits solcher Fehler kriegt Rust Politiker aber auch inhaltlich nichts in den Griff. Menschenverstand seitens der Moderatorin versus Sachverstand seitens der Gäste zu setzen klappt einfach nicht. Was allerdings klar absehbar war: Schließlich hatte Rust im taz-Interview bereits ankündigt, sich gar nicht groß auf Politiker vorbereiten zu wollen. Wie sagte sie selbst? Wenn Sat.1 eine politische Talkshow hätte haben wollen, „dann hätte man sich für einen anderen Moderator entschieden“.

Aber man hat sich für sie entschieden – namentlich Senderchef Schawinski. Seine Personalpolitik steht jetzt wieder zur Disposition. Nach dem Erfolg der Sat.1-Telenovela „Verliebt in Berlin“ war sein Fehlgriff mit Anke Engelke fast vergessen. Auch bei „Anke Late Night“ hatte Schawinski ja überzogene Erwartungen ans Format: In dieser Sendung sollte Angela Merkel ihre Kanzlerkandidatur verkünden. Doch mit der Entertainerin Engelke war das nicht zu schaffen. Nun hat Schawinski mit Bettina Rust wieder auf eine gute Frau gesetzt, deren Qualitäten im Unterhaltungsbereich liegen – und ihr das falsche Format gegeben. Mittlerweile steht der „Talk der Woche“ auf der Kippe. Bis nach der Bundestagswahl wird es ihn nach Angaben von Sat.1-Sprecherin Faßler definitiv noch geben. Danach könnte es schnell gehen und Schawinski über Rust die Worte sagen, die er schon über Engelke gesagt hat: „Sie hat faszinierendes Stehvermögen bewiesen und einen erstklassigen Job gemacht.“ Und dann ihre Sendung absetzen.