Esther Slevogt betrachtet das Treibenauf Berlins Bühnen:
Die guten alten Theaterstücke waren erst so richtig gut, wenn sie einen richtigen Bösewicht aufzubieten hatten. Einen Charakter, der uns tief in die Abgründe des Menschen hineinführt und vor dessen Folie die Guten umso besser aussehen. Einen, wie den Fußball-Potentaten Uli Hoeneß zum Beispiel: ehemaliger Weltmeister und Knastinsasse, Steuerhinterzieher, Lederhosenträger und bös(artig) über Kollegen Redender. Einstmals ein blondgelockter Schönling, dem damals die soziale Unkontrollierbarkeit noch nicht anzusehen war. Solche Leute, die kein Dramatiker, und auch keine Dramatikerin, besser erfinden könnte, spielen Theater höchstens auf einschlägigen Pressekonferenzen, aber so gut wie nie in den dafür vorgesehenen Etablissements: unseren Theaterbühnen eben. Das ändert sich am Sonntag, dem 28. Oktober 2018. Dann nämlich tritt Uli Hoeneß im Deutschen Theater in der Schumannstraße auf. „Gregor Gysi trifft Uli Hoeneß“ heißt das Stück, das in Wahrheit eine Theater-Talk-Show ist (Deutsches Theater: 28. 10., 11 Uhr).
Im Fußball geht es um Krieg und Frieden, Sieg oder Untergang. Und besser, die Menschen leben diese Triebe im Stadion oder vor den Bildschirmen aus, als in echten Kriegen. Zu den schlimmen Katastrophen des 20. Jahrhunderts gehört der Erste Weltkrieg, dessen Ende sich in diesem Jahr zum hundertsten Mal jährte. „War or Peace“ ist deshalb ein Geschichtsfestival überschrieben, das in diesem Monat vom Maxim Gorki Theater ausgerichtet wird, Aspekte dieses Krieges betrachtete und nun in die letzte Runde geht: mit einem Internationalen Dramatikerinnenlabor, das von Maxi Obexer und Sascha Marianna Salzmann geleitet wird. In der thematischen Klammer „Krieg im Frieden“ werden Texte von Dramatikerinnen aufgeführt, die sich mit den brüchig gewordenen Grenzen zwischen Krieg und Frieden heute auseinander setzen: darunter Sivan Ben Yishai, Anastasia Kosodii, Mehdi Moradpour und Ebru Nihan Celkan (Gorki Theater: „Internationales Dramatikerinnenlabor, 26./27. 10, jeweils 18 Uhr.)
Im Ballhaus Ost zeigen uns die Maulwerker aus Berlin und das Ensemble Proton aus Bern den Abend „durst & frucht“, der vom Jagen und Sammeln der Sprache handeln wird, vom Verfügbarmachen, Bezwingen, Zähmen-Wollen des Sprachbergs und von dessen Unbezwingbarkeit. Und von zwei Brüdern, von ihrem unablässigen Abarbeiten und Vollenden der Wörter: den Brüdern Grimm! Versprochen wird eine Grenzwanderung zwischen Musik und Sprache, ein Kippen von Sprache in Musik, von Musik in Sprache (Ballhaus Ost: Durst & Frucht“, ab 27. 10., 20 Uhr).
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen