Banken wollen ein Stück vom roten Riesen

Chinas Boom weckt Begehrlichkeiten bei Europas Finanzinstituten. Doch die Engagements sind nicht ohne Risiko

HAMBURG taz ■ Wer in der modernen Finanzwelt etwas auf sich hält, kauft derzeit in China ein. Nach VW und Google stürmen nun auch internationale Großbanken das Reich der Mitte und hoffen spätestens im Olympia-Jahr 2008 auf reiche Rendite. So auch die Deutsche Bank, die einen Ausgleich für das mangelnde Wachstum im Heimatland suchen muss.

Sie könnte auf dem umworbenen chinesischen Bankenmarkt bald erstmals zum Zuge kommen. Die mittelgroße Huaxia Bank hat sich dem hiesigen Branchenprimus offenbar für eine Liaison angeboten. Für einen Anteil von weniger als fünf Prozent verlangen die Chinesen umgerechnet 90 Millionen Euro.

Die Konkurrenz in China ist aber mittlerweile groß. Die Royal Bank of Scotland (RBS), Schweizer Credit Suisse, Merrill Lynch oder Bank of America sind schon da oder kaufen gerade ein. Die Geldhäuser wollen von dem beispiellosen wirtschaftlichen Aufschwung in Chinas profitieren. In den Metropolen an der Ostküste herrscht Goldgräberstimmung, und ein kaufkräftiger Mittelstand von vielleicht 100 Millionen potenziellen Kunden lockt. Ein Konzern wie Volkswagen verkauft dort mittlerweile mehr Golf-Modelle als in Deutschland. Im Welthandel ist China seinerseits bereits die Nummer drei – vor Japan. Der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (Unctad) entsteht in der Weltwirtschaft zurzeit eine „neue Geografie“.

Deshalb drängt es jetzt auch die Banken nach Osten. Bislang gehört die rote Kreditwirtschaft zwar noch weitgehend dem Staat und ausländische Beteiligungen sind nur bis 25 Prozent möglich. Doch 2007 will die Regierung den chinesischen Markt vollständig öffnen. Neben Banken und Versicherungen stehen dann auch etwa 1.300 Unternehmen zum Börsengang an. Ein großes Potenzial für Finanzinstitute, die mit dem Management eines Börsengangs gutes Geld verdienen.

„Go east“ geht jedoch nicht ohne Risiko. Chinas Kreditwirtschaft schleppt faule Darlehen der überalterten Staatsindustrie mit sich rum, und niemand weiß, was passiert, wenn die spekulative Koppelung des unterbewerteten chinesischen Yuan an den amerikanischen Dollar eines Tages platzen sollte.

Die Gefahren scheinen die Banker aber nicht zu schocken, wie das Beispiel der britisch-asiatische Großbank HSBC zeigt. Sie gilt als westlicher Platzhirsch in China. Die nach der US-amerikanischen Citigroup die zweitgrößte Bank und macht einen etwa dreimal so hohen Gewinn wie die Deutsche Bank, die einst Europas Finanzszene dominiert hatte.

Die Geschichte der HSBC ist britische Kolonialgeschichte. 1865 gründete der Schotte Thomas Sutherland die „Hongkong and Shanghai Banking Corporation“, kurz HSBC, um den britischen Handel mit Indien und China zu beflügeln. Schon um 1900 war HSBC die Nummer eins in Asien. Heute liegt der Hauptsitz in London, aber gleichzeitig bilden die Aktien von HSBC das Schwergewicht an der Börse in Hongkong. „Back to the roots“, zurück zu den Wurzeln, heißt seit einem Jahr die Devise der HSBC.

Damals durfte sich der Londoner Finanzgigant als einer der Ersten an einer Bank im realkapitalistischen China beteiligen. HSBC kaufte Anteile an dem fünftgrößtem Geldinstitut des Landes, der Bank of Communications, sowie an der zweitgrößten Lebensversicherung, Ping An, und investierte zunächst 2,8 Milliarden Dollar als Türöffner.

Schon jetzt profitiert HSBC von seiner Expansion in China und der umliegenden Region: 34 Prozent des Gewinns stammt mittlerweile aus Asien, während der Europaanteil auf 27 abgesunken ist.

HERMANNUS PFEIFFER