ZUKUNFT DER SPD

Für die September-Ausgabe der Zeitschrift „Cicero“ hat Peter Glotz einen Text über die Zukunft der SPD verfasst. Es ist seine letzte Botschaft an seine Partei. Wir dokumentieren einen Auszug:

Es spricht alles dafür, dass sich die SPD mit einem neuen Programm Zeit lassen sollte und erst einmal die – längst vorliegenden – Analysen der neuen Lage diskutiert: die radikale Kapitalmobilität, die neue Konkurrenz in der EU, den Einfluss der Kapitalmärkte, die Explosion der Verschuldung durch die Wiedervereinigung, den demografischen Knick und so fort. Auch lohnte es sich, die verschiedenen „Kapitalismen“ in Europa zu beobachten. Die Schweden verlangen z. B. hohe persönliche Steuern, eine hohe Mehrwertsteuer und niedrige Unternehmensteuern. Sie leisten sich mit dem Geld, das sie einnehmen, einen weit üppigeren öffentlichen Dienst als wir. Wäre das ein Weg gegen die Massenarbeitslosigkeit? Die Finnen haben ihr Bildungssystem revolutioniert, und die Schweiz hat einen deutlich flexibleren Arbeitsmarkt als Deutschland. „Reformpolitik“ bedeutet nicht, dass man den kalifornischen Kapitalismus kopieren muss. Aber was bedeutet sie? Diese Frage bietet Stoff für eine Diskussion, die Zeit erfordern und Lernschmerz auslösen wird. Diesen Lernschmerz muss die SPD auf sich wirken lassen.