LESERINNENBRIEFE
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Zu wenig zum Leben

■ betr.: „Keine Geschenke und Fahrräder auf Pump“,taz vom 21. 10. 09

Ich arbeite seit 13 Jahren in der sozialen Beratung, hauptsächlich mit Hartz-IV-Empfängern. Mona Charkas erhält, wenn sie mit ihren vier Kindern alleine lebt, mit 1.202 Euro pro Monat viel weniger, als ihr tatsächlich zusteht. Denn das wäre: 359 Euro Regelsatz für die Mutter, dreimal 251 Euro und einmal 215 Euro für die Kinder, wie auch im Artikel beschrieben. Aber außerdem steht ihr noch ein Alleinerziehendenzuschlag von hier 48 % des Regelsatzes der Mutter, das wären 172 Euro, zu. So müsste sie monatlich eigentlich 1.499 Euro erhalten.

Das wäre immer noch wenig zum Leben, aber warum bekommt sie diesen Betrag nicht, sondern fast 300 Euro weniger? Muss sie vielleicht bei der Miete oder den Nebenkosten zuzahlen? Außerdem wundert es mich, dass Frau Charkas als Hartz-IV-Empfängerin Kindergartenbeiträge bezahlen muss. Zumindest bei uns in Rheinland-Pfalz sind die bei Hartz-IV-Empfängern auf Antrag ganz frei.

KARIN ZIMMERMANN, Brachbach

Ahnungslos aufwachsen

■ betr.: „Das wollen Sie gar nicht wissen“, taz zwei vom 21. 10. 09

Dank Hillary Swank kommt alles ans Licht. Psychologen-Koryphäe Cardere hat Recht. Eine US-amerikanische Forschergruppe hat es endlich bewiesen: Naturvölker sind sexuell gestört. Deshalb sterben sie aus. Der Anblick nackter Erwachsener verstört Kinder derart, dass sie im Leben keinerlei gesundes Verhältnis mehr zur Sexualität entwickeln können. Auch allzu frühe sexuelle Aufklärung – vor dem Erwachsenenalter – macht krank. Gesund bleiben sie, wenn sie möglichst ahnungslos aufwachsen und sich dann im Netz mit (Gewalt-) Pornos aufklären und informieren, wie Menschen untenrum aussehen und was da vor sich geht. Klarer Fall.

GERHARD RUDOLF, Bad Homburg v. d. Höhe

Eingeschränkte Beweglichkeit

■ betr.: „Drei von vier Bahnhöfen sind barrierefrei“, „Was mit Rollstuhl übrig bleibt“, taz vom 17. 10. 09

Auf zwei Dinge möchte ich aufmerksam machen, die die Flexibilität von Rollstuhlfahrern/behinderten Menschen noch weiter einschränken:

1. Der bauliche barrierefreie Zugang zu Bahnhöfen ist das eine. Nur, was nützt dem Rollstuhlfahrer die Erreichbarkeit des Bahnsteigs, wie kommt er dann in den Zug? Dank des Privatisierungswahns von Herrn Mehdorn und der Politik ist der Kundendienst bzw. das Personal eingeschränkt worden. So ist zum Beispiel für einen Hubwagen angeleitetes und damit berechtigtes Personal hier in Kempten zeitlich nur begrenzt verfügbar. Der Mensch im Rollstuhl bekommt deshalb vorgeschrieben, welche Züge er benutzen kann/darf.

2. Wie werden die Rollstuhlfahrer in den jeweiligen Zügen eigentlich untergebracht? Erstes Problem: die Breite der Türen. Ein Faltrollstuhl verursacht meistens die wenigsten Umstände. Aber Rollstühle mit Elektroantrieb sind breiter, schwerer, größer. Dann müssen die Rollstuhlfahrer Platz im Fahrrad-Abteil nehmen. Eine Frau konnte deshalb nicht reisen, weil das Fahrrad-Abteil bereits voll war.

WOLFGANG BLUMTRITT, Kempten

Bleib tapfer, Westdeutschland!

■ betr.: „Komm mal runter, Westdeutschland!“, taz vom 22. 10. 09

In der Tat war (Rest-)Berlin über Jahrzehnte Asyl für Kleinbürgersöhne aller Alt-Bundesländer. Der Preis der Wehrdienstflucht wurde ja von Staats wegen in Kauf genommen, um der alten Hauptstadt ein wenig Leben einzuhauchen. Doch die Karten wurden an jenem legendären 9. November vor rund 20 Jahren neu gemischt, und wer den gigantomanen Bauwahn im Berlin der vergangenen Jahre gesehen hat, muss wissen, wo das Kapital heute gern tanzt. Die alte und neue Hauptstadt hatte ja unser heute wieder einig Vaterland im 20. Jahrhundert in zwei Weltkriege geführt – jetzt erst mal nur bis nach Afghanistan! Aus guten Gründen formulierten die Gründer der BRD: „Nie wieder unter der Vorherrschaft Preußens!“ Hieraus erwuchsen Föderalismus und CSU. Gegen Heimatverbundenheit ist ja nichts einzuwenden. Ob Berlin oder Niederbayern, ob Gamsbart oder Rastalocken, Heimat bleibt Heimat und Folklore bleibt Folklore. Wolfgang Neuss, der ja Berliner Schnauze und kritische Weltsicht auf einen Punkt zu bringen wusste, hätte nie über die Hertha lamentiert, er wäre schlicht und ganz entspannt zum nächsten Heimspiel von Blau-Weiß 90 gegangen. Drum: Bleib tapfer, Westdeutschland! FRANK THIES, Lüneburg