Hochschulen scheuen persönliche Auslese

Die Dortmunder ZVS kritisiert neues Zulassungsverfahren für Studierende: Nur ein Drittel der Hochschulen wählt Bewerber selbst aus. Kultusminister beraten derzeit, das Institut in eine Beratungseinrichtung umzumodeln

DORTMUND taz ■ Die NRW-Hochschulen wollen ihren Studierenden nicht auf die Finger schauen: Für das Wintersemester fanden in NRW nur an einer von 25 Fakultäten Auswahlgespräche statt. Die Dortmunder „Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen“ kritisiert die Untätigkeit der Unis. Denn eigentlich sollen die Unis ihre zukünftigen AkademikerInnen selbst aussuchen, die ZVS nur noch beraten.

Bisher verschickte die ZVS Studienbewerber quer durch die Republik an die Hochschulen. Das sollte sich zum bald anlaufenden Wintersemester 2005/06 ändern. Neue Zulassungsregeln erlauben den Hochschulen, 60 Prozent der Studierenden nach eigenen Kriterien selbst auszuwählen. Bundesweit lassen zwei Drittel der Fakultäten ihre Studierenden nach wie vor von der Zentralstelle herauspicken – nach Abitur-Note. „Problematisch ist auch, dass das neue Verfahren viel zu langsam läuft“, sagt Ulf Bade, Leiter der ZVS. Wenn die Bewerber am 30. September endgültig Bescheid über den Studienort bekämen, seien etwa Wohnheimplätze längst vergeben. Auch für die sonstige Organisation des Studiums bleibe viel zu wenig Zeit. Bade forderte die Hochschulen auf, eigene Auswahlverfahren zu beschleunigen.

Eigentlich sollte die ZVS nur noch 40 Prozent der Studienfächerzu gleichen Teilen nach Abiturnote und Wartezeit vergeben. „Die Annahme, wir hätten dadurch weniger Arbeit zu erledigen, ist falsch“, sagt Bade. Nach wie vor gehen sämtliche Anträge zuerst bei der ZVS ein. Zur Zeit beraten die Kultusminister und Staatssekretäre der Länder über künftige Aufgaben der Zentralstelle. Bis Ende des Jahres soll eine Entscheidung gefallen sein.

Die ZVS sprach sich dafür aus, künftig die Auswahl der Studierenden komplett den Hochschulen zu überlassen. Sie selbst möchte als Beratungs- und Serviceeinrichtung den Rahmen dafür liefern. „Wir wollen Hochschulen und Studierende in Zulassungsfragen informieren“, so Bade. So könne die Behörde künftig für alle zulassungsbeschränkten Studiengänge die Verfahren übernehmen. Bislang vermittelt die ZVS nur Plätze in stark nachgefragten Fächern wie Medizin, Tier- und Zahnmedizin, Biologie, Pharmazie oder Psychologie. Die Unis sollen die ZVS bei Bedarf direkt in Anspruch nehmen können. Dafür müsse aber noch der rechtliche Rahmen geschaffen werden, so Bade.

Ihre Zukunft sieht die ZVS jedenfalls gesichert: Der Informationsbedarf der Abiturienten würde im „Dschungel der Hochschullandschaft“ weiter zunehmen, so ZVS-Sprecher Bernhard Scheer. Durch die auf 12 Jahre verkürzte Schulzeit und doppelte Abitur-Jahrgänge stiegen die Bewerberzahlen, hingegen gebe es weniger zulassungsfreie Fächer. Die Behörde beschäftigt derzeit rund 130 Mitarbeiter. Zum Wintersemester wurden Anträge von 66.600 Bewerbern bearbeitet. GESA SCHÖLGENS