Nils Schuhmacher Hamburger Soundtrack: Liebe Lehrer,
als Mixtape oder in einer Band vereint, klingt „das Beste aus den 30ern, 50ern und 90ern“ nach einem interessanten Versuch, nach einer Fusion oder einem Mash-up aus Django Reinhardt, Chuck Berry und Rednex vielleicht. Wie eine Geschmacksexplosion, die uns neu zusammensetzt. Das können Sie in ihrem Musikunterricht vielleicht mal besprechen.
Wenn Sie jetzt aus Versehen Gemeinschaftskunde oder PGW unterrichten, ist allerdings Vorsicht angesagt. Denn hier landet man unter dem besagten Motto ja schnell bei einer Mischung aus völkischem Nationalismus, Biedermeier und Wirtschaftsliberalismus. Und wenn die Schüler dann „AfD“ rufen, muss man ihnen widersprechen, ihren Irrtum aufklären, gegebenenfalls Hilfe in Anspruch nehmen. Weil Erziehung in diesem Fall eben bedeutet, dass Sie ihre neutrale Sichtweise den von Eltern, Medien, Freunden, vom Freigeist, von der Libertinage, von 1968 und vom Islam indoktrinierten jungen Menschen nahebringen.
Dies geschieht am besten in Form eines klärenden Gesprächs. Und das gilt letztlich auch für Musiklehrer, die in der heutigen Zeit auf didaktische musikalische Experimente der oben genannten Art doch besser verzichten sollten. Und die aktuellen Künstler bieten sich auch nicht an, denn sie heißen Die Nerven (17. 10.) (das sollen sie ja nun gerade nicht), Gzuz (Blasphemie) (13./14. 10), Slaves (so weit kommt’s noch) (22. 10.) oder Left Boy (da haben wir es ja) (19. 10.) und tragen das Gift in großen Körben in die juvenilen Köpfe und damit in die Lehranstalten.
Ganz fachspezifisch können Sie das klärende Gespräch aber mit der Einübung eines traditionellen Liedes flankieren. Eine schöne Sammlung hat zum Beispiel der Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete Alexander Wolf 1994 in „Schlachtruf – Nationale Lieder“ zusammengetragen. Auf diese Weise haben Sie, so verspricht das Vorwort, dann übrigens auch gleich ganz neutral einen Beitrag zur „staatsbürgerlichen Aufklärung“ geleistet.
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