WAS MACHT EIGENTLICH ... die „Welt am Sonntag“?
: Wahlkampf für die Linkspartei

War es eine Mutprobe oder bloß der Versuch einer Gehässigkeit? Ganz so schlau wird man nicht aus den Aufzeichnungen der Julia Winkenbach, aber vielleicht muss man das auch nicht. Frau Winkenbach ist Stil-Redakteurin der Welt am Sonntag und, wie sie selbst zugibt, eigentlich unpolitisch. Doch dann kam ihr großer Einsatz: Wahlkampf für die Linkspartei in Friedrichshain-Kreuzberg. Undercover natürlich.

Also zog sich Frau Winkenbach einen roten Mantel über, meldete sich im Rote-Socken-Laden zum Mitmachen – und wurde genommen. „Nach einer Stunde“, schreibt sie, „bin ich bereits Genossin.“ Und bekommt Einblick in die Betriebsgeheimnisse. „Heini, der Chef der Ortsgruppe, verlangt nach Micha. Micha hat sich gerade im Nebenraum eine selbstgedrehte Zigarette angesteckt: Er murrt: ‚Nicht mal in Ruhe umbringen kann man sich.‘ “

Anstatt den Lesern weitere Geheimnisse zu verraten, will Frau Winkenbach, die Unpolitische, am Ende doch Politik machen. Und das klingt dann schwer nach Springerjargon: „Haben diese Menschen jemals schnell reagieren müssen? Fahren sie Auto? Im Zweifel können sie sich das gar nicht leisten. Und das ist gut so, denn mit dieser geistigen Trägheit sind sie eine Gefahr für den Straßenverkehr.“

Bei der Linkspartei selbst nahm man die feindliche Übernahme mit Humor. „Die hat für eine studierte Frau einen ziemlich unbedarften Eindruck gemacht“, meint Kreischef Steffen Liebich.

WERA  FOTO: ARCHIV