Knackarsch trifft …

Die neue Sat.-Real-Life-Fake-Soap „Frauenhelden“ beleuchtet ein Grunddilemma postfeministischer Zeiten

Frauen, also solche Frauen, die sich mit ihren Freundinnen in der Vergangenheit schon mal auf der Couchgarnitur versammelt hatten, wenn im Fernsehen der „Bachelor“, die „Bachelorette“, „Mein dicker, peinlicher Verlobter“ und natürlich „Sex and the City“ lief, und zum Jungesellinnenabschied einen Männerstrip mieten, solche Frauen sollten heute den Prosecco kaltstellen. Denn frauenaffiner als „Frauenhelden“, das neue Ja-wie-nennt-man-so-was-eigentlich-Format auf Sat.1 (Untertitel: „Machos in der Sackgasse“), kann Fernsehen eigentlich nicht sein:

Vier äußerst heterosexuelle Männer, die glauben, sie seien für eine Sendung gecastet worden, in der es darum geht, vier junge Frauen dazu zu bringen, ihnen „Ich liebe dich“ ins Gesicht zu sagen, sind eigentlich für eine Sendung gecastet worden, in der es darum geht, dass die vier jungen Frauen angemietete Schauspielerinnen sind, die den Männer beständig die Tour vermasseln sollen. Die Männer haben wahlweise Benehmen, einen Knackarsch, kein Hirn oder wenigstens viele Muskeln. Und die vier Schauspielerinnen? Mimen das Dummchen.

Und ohne es auch nur ansatzweise zu ahnen, beleuchtet „Frauenhelden“ ein Grunddilemma so genannter postfeministischer Zeiten. Klaro dürfen hier Männer nach Strich und Faden auf Äußerlichkeiten reduziert, herabgewürdigt, vorgeführt, bloßgestellt und für dumm verkauft werden. Was andersherum immer noch als frauenfeindlich gälte (und wohl tatsächlich frauenfeindlich wäre), gilt in dem Moment, in dem der Spieß und die geschlechtlichen Vorzeichen umgedreht werden, plötzlich als untadelhaft und witzig. Die „Machos in der Sackgasse“ sind schließlich hübsch und mit viel Häme produziert, die „Machos“ selbst sind in ihrer arglosen Selbstüberschätzung verdammt bedauernswerte Kreaturen. Und Rache ist Blutwurst. Oder ein – nach mehreren Jahrtausenden Patriarchat – zumindest nachvollziehbares Bedürfnis.

Aber muss man, um erfahrenen Frauenabschleppern bei der Arbeit zuzuschauen, tatsächlich sicherstellen, dass es sich bei den abzuschleppenden Frauen um Schauspielerinnen mit klaren Handlungsanweisungen handelt, damit sie dem Gebalze auch garantiert widerstehen? Es ist ein Spiel, ja. Aber worin liegt der Witz? Etwa darin, dass hier vier Männer zunächst ausdrücklich dazu aufgefordert werden, überkommene Geschlechterrollen zu bedienen, den aktiven Part zu übernehmen und drauflos balzen sollen, während ihnen ihre weiblichen Gegenüber im Gegenzug ausschließlich entsprechend stereotype Verhaltensweisen vorspielen?

Aber natürlich! Privatfernsehen ist ein Massenmedium mit ausschließlich kommerziellen Interessen und drum – naturgemäß – konservativ bis ins Mark. Klischees indes sind eine simple Sache, die – ebenfalls naturgemäß – jedermann kennt. Wozu das alles unnötig verkomplizieren? Solange man daran glauben mag, dass wir tatsächlich in einer Gleichberechtigungsgesellschaft leben, ist „Frauenhelden“ auf Sat.1 doch bloß ein unterhaltsames Format. Wenn nicht, dann nicht.

CHRISTOPH SCHULTHEISS