Terror war nur Gerücht

Verdächtige nach Hamburger Großfahndung wieder freigelassen. Experten kritisieren übertriebene Hysterie

HAMBURG dpa/afp ■ Der Terrorverdacht in Hamburg hat sich nicht bestätigt. Die Polizei hat die drei nach einer Großfahndung festgenommenen Tschetschenen am Samstag wieder freigelassen. Stundenlang habe man die jungen Männer im Alter von 21 bis 25 Jahren verhört, so der Polizeisprecher. Hinweise, dass die drei einen Terroranschlag planten, hätten sich nicht ergeben.

Hamburgs parteiloser Innensenator Udo Nagel fahndet nun seinerseits nach Erklärungen. Womöglich seien die gehörten Äußerungen der Tschetschenen lediglich „Blödsinn“ oder „ein schlechter Scherz“ gewesen, sagte er gestern.

Wenige Worte, auf Arabisch geäußert, waren der Anstoß für eine der größten Suchaktionen der Nachkriegszeit. Am Mittwoch hatte ein Ägypter an einer S-Bahn-Haltestelle ein Gespräch dreier Männer belauscht. „Wir werden morgen als Held vor Allah stehen“, will der Zeuge wörtlich verstanden haben. Einer der Männer habe einen Rucksack bei sich getragen.

Die Polizei hielt den Zeugen für glaubwürdig und ließ über 1.000 Beamte stadtweit nach den Verdächtigen fahnden. Sie kontrollierte Busse und Bahnen und untersuchte die Autos arabisch aussehender Autofahrer. Am Freitag schließlich nahm sie einen Mann in seiner Wohnung fest, die beiden anderen stellten sich freiwillig.

In den Vernehmungen stritten die Männer ab, sich in der vom Zeugen zitierten Art und Weise unterhalten zu haben, sagte eine Polizeisprecherin am Samstag. Warum sich die Tschetschenen auf Arabisch unterhielten, ist weiter unklar. Nach Aussage der Polizei sind die Männer Muslime und verwenden die Sprache möglicherweise aus religiösen Gründen.

Politiker wie Öffentlichkeit diskutieren nun, ob der Großeinsatz angemessen war. „Ich bin dafür, dass man jedem Verdacht nachgeht“, sagte Bundesinnenminister Otto Schily (SPD). Man müsse wachsam sein, solle aber nicht in Panik verfallen. Innensenator Nagel sagte, noch vor zwei Jahren hätte es eine so umfangreiche Fahndung nicht gegeben. Nach den Anschlägen in London sei die Situation jedoch anders. Der Nahost-Experte Peter Scholl-Latour kritisierte den Einsatz: „Die Fahndung ist grotesk. Das Schlimmste im Kampf gegen den Terror ist, wenn Behörden hysterisch reagieren.“