Nils Schuhmacher Hamburger Soundtrack: Keine Probleme mit Drogen
DEs gibt Kriege, die man führt, um sie zu gewinnen, aber nicht gewinnen kann. Und es gibt Kriege, die man aus rein symbolischen Gründen führt. Einer der symbolischsten und zugleich dümmsten Kriege ist der Krieg gegen illegale Drogen. Von ihm kann man sagen, dass er sich vor allem gegen Drogenkonsumenten richtet. Sie kommen überwiegend gut klar, schaden höchstens sich selber, geben der Gesellschaft – wenn sie Pinsel, Stift oder Instrument in die Hand nehmen – oft sogar etwas zurück, und man muss sich eigentlich nur über den Geschmack streiten. Aber das hilft ihnen alles nicht.
Keith Richards brachte das Dilemma mal in einem legendären Satz auf den Punkt: „Ich hatte nie Probleme mit Drogen. Ich hatte Probleme mit der Polizei.“ Ähnlich geht es auch anderen, wie etwa Kurt Vile, der in einem Interview einmal erklärte: „Also, klar hab ich verschiedene Drogen probiert, wie vielleicht die meisten, aber ich war niemals süchtig.“
Beide entschieden sich irgendwann aus persönlichen Zwängen, ihrem Leben einen anderen Dreh zu verpassen. Richard reduzierte seinen Drogenkonsum, um auch heute noch quietschlebendig mit den Stones die Hüften zu schwingen. Vile schwor vor zehn Jahren der von ihm mitgegründeten Band „The War on Drugs“ (die eher nach einem „War with Drugs“ klangen) ab, um sich einer offenbar gesünderen Solo-Karriere zu widmen.
Statt in den Rauschschwaden zwischen staubigem Rock und schwelgerischem Shoegazer-Pop verloren zu gehen, denkt der Mann aus Philadelphia seither an seine Kinder und setzt auf sich und seine Gitarre. Ein Tritt aufs Wahwah-Pedal, eine Locke vom langen Haar, das ins Gesicht fällt, ein trauriger Akkord und einige versonnene Songs aus der Welt von Americana und Homerecording später weiß man dann auch: dieser „Bedroom Tom Petty“ klingt weder nach Drugs, noch nach dem All-American-Saubermann (Bruce Springsteen), mit dem man ihn immer wieder gerne in Verbindung bringt.
Stattdessen gibt es: Lo-Fi Folk mit psychedelischen Zitaten, tiefer gestimmten Neil Young, weichen Bob Dylan, kluge Anleihen aus der langen US-amerikanischen Singer/Songwriter-Tradition auf mittlerweile großer Bühne. Da kann er sich auch besseres „Zeug“ kaufen, aber er will ja nicht mehr (12. 10., 18 Uhr, Grünspan).
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