berliner szenen: Kein Porträt an der Wand
Oh je. Die hingen schon damals alle.“ Ich zeig auf die Porträts im Gang. Alles hochgelehrte Menschen bestimmt, jetzt tot; Professoren, Wissenschaftler, keine Ahnung, was genau die mal waren, die da als Bild hängen. Nur eins ist klar: Männer, allesamt.
Meine Freundin seufzt. „Ich hätte auch keinen Bock mehr gehabt, die jeden Tag anzusehen auf’m Weg zum Hörsaal“, sagt sie, und ich überleg schnell, den Rumhängern hier die Schuld zu geben, dass ich die Uni geschmissen hab damals vor 15 Jahren. Aber ganz so war’s dann doch nicht, nur halb: Halb keinen Bock auf keine einzige Professorin im Haus, tot oder lebendig, und die andere Hälfte – ach, egal.
Und sowieso: In dem Gang, in den wir jetzt einbiegen, sind doch lauter Frauen. Sie stehen und sitzen und laufen; ein paar hängen auch. An den Wänden. Als Porträt. Ich fühl mich gleich besser und dann noch mal besser, als wir im Hörsaal sind, als Applaus aufbrandet wie auf ’nem Rockkonzert, laut.
Luise F. Pusch wird da gefeiert und wer die nicht kennt, googelt die mal, denn die ist cool, auch wenn – oder vielleicht gerade weil – sie ebenfalls nicht als Porträt an der Wand hängt. Damals, als sie an der Uni war, hat sie einfach zu feministisch geforscht.
Uns jetzt forscht sie nicht zu feministisch. Im Gegenteil: Ist ja Feministische Sommeruni, und deswegen kriegt eine, die damals keinen Platz geboten bekam, obwohl verdient, extra Applaus. Richtig gut gefällt mir das, und auch das Gespräch, das dann folgt: Urgestein feministische Sprachwissenschaft – Meilenstein feministischer Rap, Sookee.
Ich werd nostalgisch. Wenn die Uni damals so gewesen wär. Oder jetzt so wär, außerhalb von Sonderveranstaltungen – ich würd glatt wieder hin. So halb jedenfalls. Weil die andere Hälfte – ach, egal. Joey Juschka
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