Jubeln zur Halbzeit

Niedersachsens Ministerpräsident Wulff feiert sich selbst. Opposition wirft ihm vor, wenig für die Schwachen zu tun

Als Christian Wulff seine bunt bebilderte Power-Point -Präsentation erläuterte, fragten schon einige hoffnungsvoll: „Halbzeitbilanz? Dann ist ja in zweieinhalb Jahren Schluss!“ Niedersachsens Ministerpräsident enttäuschte sie, als er gestern die Halbzeitbilanz der „Legislaturperiode 2003 – 2008“ vorstellte. Aus der schönen Welt der Textbausteine erzählte Wulff viel, was er bereits vor sechs Monaten bei der „Leistungsbilanz nach 2 Jahren“ gesagt hatte. Aber wurscht: Ist doch Wahlkampf.

Natürlich ist im wulffschen Niedersachsen alles besser geworden, seitdem die Schwarz-Gelben am 4. März 2003 das Ruder übernommen haben: Bei den Arbeitslosen sei man von Platz 9 im Jahr 2003 auf Platz 6 der Bundesländer hochgerutscht, die Neuverschuldung sinke bereits im dritten Jahr in Folge, Wulff zitierte eine Bertelsmann-Studie, laut der seine Regierung „ein forsches Reformtempo“ vorgelegt habe. Und dennoch, das sieht auch Wulff so, gravierende Probleme blieben. Sei die Konsolidierung der NordLB die schwierigste Aufgabe der vergangenen Jahre gewesen, ist für ihn in Zukunft das „Wohl und Gedeihen“ von VW „die größte Herausforderung“. In der vergangenen Woche hatte Konzernchef Bernd Pischetsrieder angedeutet, dass das Werk in Emden dicht gemacht werden müsse.

Die bedrückenden Zahlen des Armutsberichts aus der vergangenen Woche wusste Wulff dafür gar ins Positive zu drehen: Weil sich die Einkommen in Niedersachsen besser als im Bund entwickelt hätten, steige halt die Zahl derer, die die Statistik als „Arme“ qualifiziere – „ohne dass sich an der Situation derer, die arm sind, etwas verändert hätte“.

Genau! Auch die Opposition findet, dass CDU und FDP wenig für die sozial Schwachen getan haben. „Gerade die Schwächsten im Land“ seien unter Wulff „zu Verlierern geworden“, sagte der grüne Fraktionschef Stefan Wenzel. Streichung des Blindengeldes, überdurchschnittlicher Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit: da habe Wulff „eine beschämende Bilanz hingelegt“, meinte der Grüne. Mit Blick auf die sehr guten Umfragewerte Wulffs folgerte SPD-Fraktionschef Wolfgang Jüttner, der Ministerpräsident sei „ein Meister der Selbstinszenierung.“ Dabei sei das Wachstum der Landes-Wirtschaft 2004 hinter dem Bundesdurchschnitt zurückgeblieben, den Hochschulen habe Wulff sogar „das brutalste Kürzungsprogramm in der Geschichte des Landes verordnet“. Auch das Image des radikalen Sanierers will Jüttner so nicht stehen lassen. Denn anstatt den Haushalt zu sanieren, wolle der CDU-Mann bis zum Jahr 2008 „knapp 11 Milliarden Euro an neuen Schulden aufnehmen“ – so viel „wie keine Landesregierung zuvor“. ksc