Esther Slevogt betrachtet das Treibenauf Berlins Bühnen:
Dieses Wochenende wird an dieser Stelle ein Ausflug in die brandenburgische Landeshauptstadt Potsdam empfohlen, die ja sozusagen vor der Berliner Haustür liegt. Besonders das Hans-Otto-Theater unmittelbar hinter der Glienicker Brücke. Es lohnt schon allein seiner schönen Seelage wegen immer als Sprung über die Stadtgrenze. Am Samstag noch einmal ganz besonders, denn dann eröffnet Bettina Jahnke ihre Intendanz am Hans-Otto-Theater. Bettina Jahnke, die in Wismar geboren wurde, leitete zuvor das Theater im nordrhein-westfälischen Neuss. Die Spielzeit wird sie mit ihrer Inszenierung von Eugen Ruges preisgekröntem Stoff „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ eröffnen. Das titelgebende Licht ist das Licht der Verheißung, die der Kommunismus für viele Menschen lange Zeit bedeutet hat. Und dessen Verlöschen Eugen Ruge anhand einer Familiengeschichte über drei Generationen hindurch bis in die Abgründe tiefster Finsternis verfolgt. Der Abend beginnt um 17 Uhr mit der symbolischen Öffnung der Theatertüren und einer kleinen Einstimmung in die neue Intendanz. Das Theaterstück fängt dann im Großen Haus um 18 Uhr an. Wer gleich in die Vollen gehen möchte, kann um 21 Uhr in der benachbarten Spielstätte „Reithalle“ auch noch die Premiere von Thomas Köcks Stück „paradies spielen. (abendland ein abgesang)“ in der Inszenierung von Moritz Peters schauen. Das Stück ist Teil eins einer Trilogie, in der der 1986 geborene Köck mithilfe einer gewaltigen Bilder- und Sprachflut eine Geschichte des Kapitalismus und des Raubbaus des Menschen an der Natur und an sich selbst erzählt (Hans-Otto-Theater, Potsdam: „In Zeiten des abnehmenden Lichts“, ab 22. 9. 18 Uhr, „paradies spielen. (abendland ein abgesang)“, ab 22. 9., 21 Uhr.)
Ansonsten haben die Theater ein paar Highlights der letzten Saison mit in die neue Spielzeit genommen. Das Maxim Gorki Theater hat an diesem Wochenende den kämpferischen wie mitreißenden Abend über Unterdrückung und Diskriminierung europäischer Roma, „Roma Armee“ von Yael Ronen, auf dem Programm. Musikalischer Aktivismus at its best, der mit Sätzen punkten kann wie zum Beispiel diesen: „Die Roma-Revolution ist der Kampf der Nichtweißen dieser Erde gegen ihre Unterdrücker.“ (Gorki Theater: „Roma Armee“, 22.+ 23. 9., jeweils 19.30 Uhr).
Die Schaubühne hat Simon McBurneys wundersonderbare Adaption von Stefan Zweigs Roman „Ungeduld des Herzens“ wieder aufgenommen, in dem es um eine fast unmögliche Liebe geht, die sich in Hass verwandelt (Schaubühne: „Ungeduld des Herzens“, 20.–23. 9., 20 Uhr).
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen