leserinnenbriefe
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Nachteile sind offensichtlich

■ betr.: „Aufwachen!“, sonntaz vom 25. 10. 09

Wir haben also wieder einmal unsere Uhren angehalten und „die Zeit umgestellt“. Die meisten von uns haben das mehr oder weniger unwillig über sich ergehen lassen.

Es ist inzwischen vielfach nachgewiesen, dass die sogenannte Zeitumstellung keinerlei Vorteile bringt. Keine Energieeinsparungen, keine höhere Wirtschaftsproduktivität. Die Nachteile jedoch sind offensichtlich. Man muss fragen, warum dieser Unfug nicht endlich beendet wird? In den Wahlprogrammen der Parteien stand nirgendwo geschrieben, dass man sich auf nationaler und internationaler Ebene dafür einsetzen wird, diesbezüglich zur Normalität zurückzukehren. Unser Planet Erde kreist seit über vier Milliarden Jahren in einer nahezu kreisförmigen Bahn in 365,25 Tagen um die Sonne, und diese unabänderliche Bewegung bewirkt die jahreszeitlichen Veränderungen auf der Erdoberfläche. Das ist ein Naturgesetz, das sich auch mit menschlicher List nicht außer Kraft setzen lässt!

DIETER LEHMANN, Falkenberg

Überholte Strukturen

■ betr.: „Witwerpension auch für Homo-Beamte“,taz vom 24. 10. 09

Jeder Schritt in Richtung Gleichheit und gegen Diskriminierung ist zu begrüßen. Dies gilt rückhaltlos auch für homosexuelle Lebenspartnerschaften und ihr Anliegen, gegenüber der heterosexuellen Ehe nicht benachteiligt zu werden.

Andererseits haben Frauenbewegungen immer wieder hervorgehoben, dass zwischen den Artikeln 3 und 6 unseres Grundgesetzes ein unaufhebbarer Widerspruch besteht, solange die patriarchalen Muster von Ehe und Familie nicht zur Disposition stehen. Es ist manchmal schwer verständlich, dass die Gay Community Privilegien begehrt, die überholte Abhängigkeitsstrukturen repräsentieren. Frauenorganisationen kämpfen seit Jahrzehnten für individuelle Eigenständigkeit und damit für Individualbesteuerung und gegen abgeleitete Ansprüche. Statt der Privilegierung der Ehe brauchen wir die stärkere Unterstützung von Eltern mit Kindern – ganz unabhängig davon, ob sie verheiratet sind oder nicht. Überfällig ist ein Verständnis von Gleichheit, das sich auf Individuen bezieht, seien sie homo- oder heterosexuell, Single oder auch irgendwie verheiratet.

ELISABETH STIEFEL, Köln

Ressentiments aufgebaut

■ betr.: „Ist Günter Wallraff ein Aufklärer?“, „Pro“ von Daniel Bax, „Contra“ von Cristina Nord, taz vom 24. 10. 09

Mich erstaunt die herablassende Art, mit der sich die Print-Medien von Spiegel bis taz jetzt über Wallraff hermachen und ihm sogar noch, wie hier Nord, das vorwerfen, was sie selbst wiederum plötzlich gegen ihn aufbauen zu müssen glauben: Ressentiments! Ich möchte Menschen und das, was sie tun, nicht oberflächlich nach irgendwelchen geschichtlichen Fakten beurteilt wissen, wobei sich über die Lebensgeschichte und das Lebenswerk desjenigen selbst arrogant und herzlos hinweggesetzt wird! Es ist überhaupt gerade so ein Trend in der Gesellschaft zu beobachten, Menschen, die aus ihrer ureigensten, intensiv durchlebten Wirklichkeitserfahrung heraus auf schmerzlich empfundene Missstände hinweisen, als Selbstdarsteller anzuprangern! Mir gibt Rassismus im kleinbürgerlichen Mief nicht „den Anderen“, von dem ich mich nur abwenden muss, sondern zeigt mir, was die intellektuelle Elite in einer Gesellschaft alles so zulässt! GABRIELE VOTAVA, Borkwalde

Leben und leben lassen

■ betr.: „Komm mal runter, Westdeutschland“,taz zwei vom 22. 10. 09

das ewige antispießer geheule ehemaliger brd-flüchtlinge nach WEST-berlin ist eigentlich unerträglich und auch irgendwie ewiggestrig. wann wird man in berlin begreifen, dass die welt keine scheibe mehr ist. Hat die mauer die weltsicht behindert?

WEST-deutschland liegt heute wahrscheinlich irgendwo am rhein, münchen definitv in SÜD-deutschland. und ja: es gibt seit menschengedenken ein historisch begründbares multideutsches lebensgefühl und -bedürfnis. so gesehen ist es gut und richtig und schön, dass es menschen mit einem lebensgefühl für berlin-neukölln (scheinbar ohne müllabfuhr) und für münchen-bogenhausen (scheinbar perfekte müllabfuhr) gibt.

leben und lassen. oder ist das nur SÜD-bayerisches lebensgefühl?

JOCHEN RÖGELEIN, München-Schwabing