Öffentlicher Durchblick für alle

TRANSPARENZGESETZ Ab jetzt können Bürger erfahren, was sie wollen

„Wir wollen den gläsernen Staat, nicht den gläsernen Bürger“

GERD LEILICH, TRANSPARENCY INTERNATIONAL

Jetzt werde das Handeln von Behörden „leichter nachvollziehbar“, sagt Gerd Leilich von der Initiative „Transparency International“. Denn „Transparenz ist der natürliche Feind von Korruption und Misswirtschaft“. Für die wird es künftig schwierig, denn am heutigen Sonnabend tritt in Hamburg ein bundesweit einzigartiges Gesetz in Kraft, welches alle fünf Fraktionen in der Bürgerschaft Mitte Juni einstimmig beschlossen hatten. Danach müssen die Hamburger Behörden künftig von sich aus etwa Gutachten, Baugenehmigungen und Senatsbeschlüsse im Internet veröffentlichen. Nach dem bislang geltenden Informationsfreiheitsgesetz brauchten sie nur auf Antrag Auskunft geben.

Das neue Gesetz ist Ergebnis von Verhandlungen mit der Volksinitiative „Transparenz schafft Vertrauen“, die am Freitag auf einer Pressekonferenz über das Gesetz informierte. Sie hatten im Oktober 2011 eine entspreche Volksinitiative gestartet. Diese war von den Bürgerschaftsfraktionen übernommen worden.

Kernstück des neuen Gesetzes ist ein Informationsregister im Internet mit Dokumenten, Statistiken, Verträgen und Vorschriften. Dort müssen etwa die wesentlichen Daten städtischer Beteiligungen sowie die Vergütungen des Leitungspersonals aufgelistet werden. Zwei Jahre hat die Stadt Zeit, dieses Register aufzubauen.

Bis dahin kann man sich behelfen mit dem Portal www.FragDenStaat.de, das am Freitag in Betrieb genommen wurde. Darüber können Bürger jetzt schon Anträge auf Einsichtnahme in städtische Unterlagen stellen. Als erstes tat dies die Initiative „Mehr Demokratie“. Sie will sämtliche Verträge zwischen der Stadt und dem Baukonzern Hochtief zur Elbphilharmonie einsehen. „Wegen der Kostenexplosion dort besteht ein klares öffentliches Interesse“, begründet Gregor Hackmack von Mehr Demokratie den Antrag. Senat und Konzern hätten jetzt sechs Monate Zeit, um die Unterlagen öffentlich zu machen. Und die Volksinitiative „Unser Netz“ kündigte an, heute Einsicht in alle Energieverträge zu beantragen, welche die Stadt mit den Konzernen Vattenfall und Eon Hanse abgeschlossen hat.

Ausgenommen von der Veröffentlichung sind Geschäftsgeheimnisse von Firmen oder der Schutz von Persönlichkeitsrechten. In solchen Fällen entscheidet der Hamburger Datenschutzbeauftragte, was veröffentlicht wird und was nicht. „Denn wir wollen den gläsernen Staat“, sagt Leilich, „nicht den gläsernen Bürger.“ SVEN-MICHAEL VEIT