Steinbrück will auspacken

BUNDESTAG SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück will Details über seine Vorträge offenlegen. Zugleich entbrennt eine Debatte über genauere Angaben zu Nebentätigkeiten

Für die meisten Vorträge hat Steinbrück mehr als 7.000 Euro bekommen

VON ANJA MAIER

BERLIN taz | Am Freitag hat Peer Steinbrück eine Rede gehalten. Diesmal an der Bucerius Law School in Hamburg. „Europa braucht Überzeugung: Neues Vertrauen für die Zukunft“, so der Titel des Vortrags des SPD-Kanzlerkandidaten. Honorar werde dafür aber nicht gezahlt, erklärt der Sprecher der privaten Hochschule auf taz-Anfrage.

Die Klarstellung scheint notwendig, weil sich am Beispiel Peer Steinbrück eine spannende Debatte entzündet hat. Wie viel darf ein Abgeordneter zusätzlich zu den Diäten verdienen – und inwieweit muss er über Art und Höhe dieser Einkünfte die Öffentlichkeit informieren?

Solange Peer Steinbrück Finanzminister war, durfte er nichts hinzuverdienen. Das Ministergesetz regelt, dass Mitglieder der Bundesregierung „neben ihrem Amt kein anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben“ dürfen. Nach dem Regierungswechsel 2009 jedoch hielt Steinbrück als Abgeordneter zahlreiche Vorträge und bekam dafür Honorare. Auf bundestag.de kann jeder nachlesen, wie gefragt er war: die Liste seiner Nebentätigkeiten ist lang. Mehr als achtzig Vorträge sind aufgeführt, für die meisten hat Peer Steinbrück mehr als 7.000 Euro Honorar bekommen.

Wie hoch die Vergütung genau war, ist noch unklar. Abgeordnete sind seit 2007 lediglich verpflichtet, die Einkünfte aus Nebentätigkeiten grob in drei Stufen anzugeben. Stufe I erfasst Einkünfte von 1.000 bis 3.500 Euro, Stufe II Einkünfte bis 7.000 Euro und Stufe III Einkünfte über 7.000 Euro. Legt man nur diese Maßstäbe an, kommt bei Peer Steinbrück mehr als eine halbe Million Euro zusammen. Viel Geld für viel Zeit, die ein Abgeordneter zusätzlich zu seinem Mandat aufwendet.

Er werde, kündigt Steinbrück nun via Bild an, alle Details zu seinen Vorträgen offenlegen. In zwei bis drei Wochen „werden Auftraggeber, Ort und Thema jedes einzelnen Vortrages veröffentlicht. Außerdem werde ich das durchschnittliche Honorar der bezahlten Vorträge vor und nach Steuern in den Jahren 2009 bis 2012 veröffentlichen.“

Die Kritik aus den Reihen von Union und FDP an seinem Umgang mit den Nebeneinkünften wies Steinbrück zurück: „Die Vorwürfe aus den Reihen der CDU/CSU und der FDP sind heuchlerisch und scheinheilig.“ Die heute geltenden Transparenzregeln habe man gegen deren Willen durchsetzen müssen. Zugleich forderte er CDU und FDP auf, Abgeordnetenbestechung endlich unter Strafe zu stellen. Er sei gespannt, ob die Kanzlerin dies unterstütze.

Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer, erklärte gegenüber der Süddeutschen Zeitung, seine Fraktion habe bereits einen Vorschlag erarbeitet, der mindestens sechs Stufen für Nebeneinkünfte vorsieht. Am 18. Oktober soll sich der Ältestenrat des Bundestages mit dem Thema befassen. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle hatte vor einer Einschränkung von Nebentätigkeiten für Abgeordnete gewarnt und im gleichen Atemzug Steinbrück gerüffelt: Wer als Kanzlerkandidat den Anspruch erhebe, das Land führen zu wollen, müsse hohe Ansprüche an sich selbst gelten lassen.

Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Volker Beck, fordert eine Verschärfung des Abgeordnetengesetzes. „Die Veröffentlichung der Nebeneinkünfte sollte künftig in zehn Stufen erfolgen, damit gerade die großen Honorare ersichtlich werden“, sagte er. Und Linksparteivorsitzende Katja Kipping plädierte für einen Verhaltenskodex für Spitzenpolitiker. „Dazu müsste vollständige Transparenz über alle Nebeneinkünfte ab dem ersten Euro und alle in Anspruch genommenen Privilegien herrschen.“