Der Kick beim Abheben

MIT DEM WIND GEHEN Auf dem Tempelhofer Feld treffen sich die besten Kite Landboarder Europas zum Wettkampf – und zum Spaßhaben

■ Beim Kite Landboarding fährt man auf einem bis zu 1,30 Meter langen Skateboard und lässt sich von einem Lenkdrachen oder Gleitschirm ziehen. Das Board hat extra breite Rollen mit stärkerem Profil, man kann sich darauf festschnallen. Beim Fahren erreichen Kiteboarder Geschwindigkeiten bis zu 50 Stundenkilometer. Das Kitesurfen diente bei der Entwicklung der Sportart als Vorbild. (ut)

VON JENS UTHOFF

Luisa nimmt Fahrt auf. Der böige Wind bringt ihr Geschwindigkeit. Sie lässt ihren Oberkörper nach hinten fallen, die Füße bleiben am Board. Der Schirm trägt sie – bis sie abhebt. Dann zeigt sie alle Tricks, die sie draufhat. Sie legt Rotationen hin, bei denen sie sich um 180 Grad dreht. Dann kommen zwei Board-offs: Dabei löst sich das Skateboard von den Füßen, sie wirft die Beine in die Höhe. Diese Momente sind es, für die die 19-Jährige den Sport liebt: „Das bringt Adrenalin“.

Die Coesfelderin ist eine von etwa 40 Startern und Starterinnen bei den Kite Landboarding Open. Die fanden von Freitag bis Sonntag zum zweiten Mal auf dem Tempelhofer Feld statt, es ist das europaweit größte Turnier in dieser Sportart. Eigentlich ist Kite Landboarding „wie Kitesurfen, nur ohne nass zu werden“, so die Organisatoren. Das klappte diesmal nicht: Am Samstag musste die Veranstaltung wegen Regen abgebrochen werden, die meisten Wettbewerbe wurden auf Sonntag vertagt.

In der Freestyle-Wertung zählt, wer am elegantesten durch die Lüfte fliegt und wer die besten Moves draufhat. Im Race geht es um Geschwindigkeit, in einem Rundkurs wird der schnellste Kiteboarder Europas ermittelt. Und im Hangtime siegt, wer am längsten in der Luft baumelt. „Wir erreichen da so Zeiten von sechs Sekunden“, sagt Georg van Gent von der veranstaltenden Kite Landboarding Association.

Wie den meisten ihrer Kollegen geht es Luisa nicht um Ergebnisse, sondern um das Event an sich: „Ein bisschen Ehrgeiz ist natürlich dabei, aber hauptsächlich geht es um den Spaß.“ Am Sonntagmittag startet Luisa im Freestyle. Seit drei Jahren betreibt sie den Sport, an bis zu fünf Turnieren im Jahr nimmt sie teil. Diesmal verliert die zierliche 19-Jährige gegen ihren direkten Konkurrenten. In der Vorrunde kämpfen die Freestyler eins zu eins gegeneinander, eine Jury schaut sich das Treiben der durch die Lüfte Fliegenden an.

Das Besondere beim Kite Landboarding ist, dass Männer und Frauen in einem gemischten Feld antreten. Im Freestyle aber ist Luisa die einzige Frau. „Bei den Kitesurfern werden es bereits immer mehr Frauen“, sagt van Gent, „und bei uns langsam auch.“ Der Kreis derer, die bei den Turnieren starten, ist überschaubar: „Es sind eigentlich immer die Gleichen“, sagt Luisa.

Auch Tobias aus Jever zählt zu diesem Kreis. Der 26-Jährige kam vom Skateboarden, hat dann aber gemerkt, welch ideale Bedingungen er für das Kite Landboarding an der Nordsee vorfindet. „Beim Abspringen erlebt man den größten Kick“, sagt er, „und dann versucht man, so hoch wie möglich zu kommen.“ Für Tobias sind die KLB Open „just for fun“ – er weiß nicht mal, welchen Platz er im Hangtime-Wettbewerb erreicht hat. Luisa hingegen ist schon ein wenig angefressen, dass sie in der Trostrunde Fahrt aufnehmen muss.