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: Immerhin: Putin und Merkel sind sich im Schweigen einig

Syrien, die Ukraine, die Sanktionen und die Pipeline: Heikle Themen gibt es genug. Doch was genau die Kanzlerin und der Präsident in Brandenburg besprachen, bleibt ihr Geheimnis

Das Neue

Bundeskanzlerin Angela Merkel und der russische Präsident Wladimir Putin haben am Samstag auf Schloss Meseberg in Brandenburg ein rund dreistündiges Gespräch unter vier Augen geführt. Über den Verlauf und etwaige Ergebnisse bewahrten beide Seiten striktes Stillschweigen.

Vor Beginn des Treffens hatten beide in kurzen Erklärungen vor JournalistInnen als Gesprächsthemen den Krieg in Syrien, die Lage in der Ostukraine, die geplante Gaspipeline Nordstream 2 durch die Ostsee sowie das Festhalten an dem Atomabkommen mit dem Iran genannt. Die Kanzlerin kündigte zudem an, dass sie auch Menschenrechtsthemen ansprechen werde.

Putin verwies auf die wieder zunehmenden wirtschaftlichen Kontakte zwischen Deutschland und Russland. So seien die Handelsbeziehungen im vergangenen Jahr um 22 Prozent gewachsen, der Umsatz deutscher Firmen in Russland sei 2017 sogar um 25 Prozent gestiegen. Zu der Kritik an dem Treffen, die von verschiedener Seite laut geworden war, erklärte Merkel: „Ich bin der Meinung, dass auch kontroverse Themen nur im und durch das Gespräch gelöst werden können.“

Der Kontext

Für das Stillschweigen gibt es zwei denkbare Gründe: Entweder verlief das Gespräch völlig ergebnislos – ohne irgendeine Annäherung oder gar Vereinbarungen. Oder es gab Zusagen beziehungsweise Absprachen, deren Bekanntwerden der Kanzlerin zumindest zum jetzigen Zeitpunkt Probleme bereiten könnte – innenpolitisch wie auch im Verhältnis zu den EU-Partnern oder den USA.

Ein Eingehen Merkels etwa auf die von Putin geäußerte Erwartung, Deutschland und die EU sollten sich an den Kosten für den Wiederaufbau im kriegszerstörten Syrien beteiligen – von Experten auf mindestens 200 Milliarden Euro veranschlagt – dürfte innenpolitisch schwer vermittelbar sein: zum einen, weil für die Zerstörungen aus der Luft überwiegend die Luftstreitkräfte Syriens sowie seit Ende September 2015 auch Russlands verantwortlich sind. Zum anderen sind die USA, Saudi-Arabien, die Türkei, Katar und andere Staaten, die durch ihre militärische Unterstützung für islamistische Rebellengruppen in Syrien eine Mitverantwortung tragen, bislang nicht bereit, sich an den Wiederaufbaukosten zu beteiligen.

Die Reaktionen

Kremlsprecher Dmitri Peskow schlug nach dem Treffen ein Vierergesprächsformat mit Beteiligung Frankreichs und der Türkei vor.

Die Konsequenz

Was Syrien angeht, dürfte der Druck auf Deutschland und die EU steigen, wenn infolge der syrischen Militäroperation gegen Rebellen in der Provinz Idlib weitere bis zu 2,5 Millionen Menschen von dort als Flüchtlinge in die Türkei und weiter nach Europa kommen. Bei den Konfliktpunkten Ukraine und Nord-Stream-Pipeline werden bilaterale Treffen zwischen Merkel und Putin wahrscheinlich auch künftig keine greifbaren Fortschritte bringen –, sondern nur Gesprächsformate, an denen zumindest alle EU-Staaten mit einer gemeinsamen Position beteiligt sind. Andreas Zumach, Genf