„Doppelte Gefahr“

Ökonom Paul Welfens über die Zukunft des Euro

■ 55, ist Professor für Makroökonomische Theorie und Politik an der Bergischen Universität in Wuppertal.

taz: Herr Welfens, hat der Euro noch eine Zukunft?

Paul Welfens: Ja, auf jeden Fall. Dafür sind aber Reformen erforderlich.

Welche?

Die Probleme in Spanien, Italien und die vergleichsweise kleinen Probleme in Griechenland müssen gelöst werden. In den drei Ländern stehen Privatisierungen an, die müssen aus Einnahmegründen sein. Ein wichtiger Punkt für die Wirtschaft ist, bei der Kommunikations und Informationstechnik anzusetzen.

Konkret?

Wir brauchen eine einheitliche Software in allen europäischen Finanzministerien, damit die nationalen Budgets transparent einsehbar sind.

Wäre ein Schuldenschnitt nicht die bessere Lösung?

Der Schuldenschnitt wird bei den öffentlichen Gläubigern kommen. Den sollte es aber nur geben, wenn 50 Prozent des griechischen Staatsvermögens privatisiert wird.

Welche Rolle spielt die Europäischen Zentralbank EZB?

Die EZB muss die Stimme der Vernunft sein. Wenn sie etwa spanische Staatsanleihen kauft, muss sie darauf achten, dass die damit verbundenen Zusagen eingehalten werden. So stabilisiert sie die Märkte.

Wie geht es Ihrer Meinung nach weiter?

Das erste Szenario ist, dass die Reformen funktionieren und die Euro-Zone 2013 über den Berg ist, allerdings ohne Griechenland. Das wird uns noch lange beschäftigen. Das andere Szenario ist, dass es zu weiteren Rating-Abwertungen kommt. Das birgt eine doppelte Gefahr, denn sie verstärkt die Rezession. Auch nach den US-Präsidentschaftswahlen könnten weitere Länder herabgestuft werden.  INTERVIEW: LKA

Buchvorstellung: 18 Uhr, ZBW – Leibnitz-Informationszentrum Wirtschaft, Neuer Jungfernstieg 21. Eintritt frei