Meike Jansen schaut sich in den Galerien von Berlin um

Fluten von Zahlen und Bildern belegen Tag für Tag Machtpositionen, sei es, um sie zu demonstrieren oder zu dekonstruieren. Julia Lazarus zeigte vergangenes Wochenende mit der Rauminstallation „Kosten senken! Wachstum steigern!“ im West Germany das zwiespältige Bild der Wirtschaftsmacht. Die Grundlage: zur Repräsentation konzipierte Mittel der zehn größten deutschen Aktienkonzerne. Selbst ins Knie geschossen, möchte man meinen. Denn was deren Hauptquartiere architektonisch erzählen, hat augenscheinlich nichts mit der Krise zu tun, die ihre Wirtschaftskurven belegen. Im Gegenteil. Das fürstliche Heckenlabyrinth vor der Eon-Zentrale in Düsseldorf wirkt auf den projizierten Fotos so edel, dass man sich fremdschämt. Und während sich die Bild- und Kurvenprojektionen in einem mit Wasser gefluteten Bassin spiegelten, wurde man im im Trümmerschick ruhenden Raum an die Absurdität der Bilder gegenüber Konkursen und Massenentlassungen erinnert. Bei Klemm’s schafft Viktoria Binschtok ein überraschendes Bild von Macht. Ihre Fotos verknüpfen das große Gewese um wichtige Persönlichkeiten und den großen Moment mit denen, die im Hintergrund ihren Teil zum Gelingen des Systems tun. So weiß man bei ihren Bildern im ersten Moment gar nicht, wohin man schauen soll. Unruhig wandert der Blick zwischen den Männern mit dem auffällig unauffälligen Aussehen, kurz Personenschützer genannt, und den Gesten der Mächtigen, die an den Rändern der Collagen in die Anonymität abzurutschen drohen. Aber selbst wenn sie nicht den konkreten Anlass preisgeben, Binschtok spielt so elegant mit den Attributen aus Pressebildern und Historien relevanter Ästhetiken, dass die Fragmente zur Identifizierung reichen. Und das System? Das scheint überall dasselbe zu sein, nur eben aus unterschiedlichen Perspektiven.

■ Viktoria Binschtok: Suspicious Minds, bis 21. 11., Di–Sa 11–18 Uhr, Klemm’s , Brunnenstr. 7