Fußball-stammtisch für Mutige

Boris Pistorius sucht Dialog mit Fans

Es gibt geschmeidigere Termine. Läuft es dieses Mal besser? Kommt ein sinnvoller Dialog zustande? Im Kalender von Boris Pistorius (SPD) steht für Dienstag um 19.15 Uhr eine Art Fußballstammtisch. Niedersachsens Minister für Inneres und Sport lässt in Wolfsburg jenen Fan-Dialog aufleben, der bisher nur wenig Zustimmung erfahren hat. Pistorius erhofft sich kritische Gespräche und neue Impulse. Er kämpft um mehr Sicherheit in den Stadien und sorgt sich um das Konstruktive zwischen Zuschauern und Vereinen. Dass ihn der harte Kern der Fans als Reizfigur und Hardliner einstuft, macht den Talk am Dienstag knifflig.

Natürlich ist es problematisch, mitten in einem von Kindern und Familien besuchten Stadion mit Leuchtraketen und Pyrotechnik herumzuspielen. Ob das verboten und wie es bestraft gehört, ist aber nur ein Teilthema. Insgesamt leidet der professionelle Fußball aus Fan-Sicht darunter, dass er zu stark kommerzialisiert und reglementiert wird. Dazu kommt Staates Wille, härter durchzugreifen. So hat es der VfL Wolfsburg gerade per Gerichtsbeschluss geschafft, zwei seiner Anhänger mit 3.500 Euro in Regress zu nehmen. Sie hatten 2014 mit Pyrotechnik im Stadion von Hannover 96 gezündelt und damit dem Verein eine Geldstrafe von 6.000 Euro beschert.

Das Miteinander zwischen vielen Vereinen und so manchem Fan ist vergiftet. Darüber zu sprechen, ist grundsätzlich eine gute Idee. Aber die Prognose sei erlaubt: Der eigentlichen Zielgruppe wird das Debattieren mit Pistorius kurz vor dem Saisonstart zu inszeniert erscheinen. Es wäre aber ungerecht, einen Fan-Dialog von vornherein als politische Showveranstaltung einzustufen. Mit Pistorius über die Mechanismen im bezahlten Sport zu reden, kann auch Gutes hervorbringen. Mit Horst Seehofer (CSU) über Liberales und mit Donald Trump über die Pressefreiheit zu plaudern, ist auch mehr Chance als Strafe. Man muss sie nur erkennen und für sich nutzen.

Hingehen oder meiden? Der vom leidenschaftlichen Fußballfreund Pistorius initiierte Fan-Dialog ist eine gute Gelegenheit, Themen zu setzen. Dafür müssen jedoch die, die gern zündeln und sogar hauen, raus aus ihrem Gebüsch. Öffentlich mit einem Politiker über etwas zu sprechen, das verboten ist, erfordert Mut. Mal sehen, bei wie vielen Menschen es die Courage in den Terminkalender schafft.

Christian Otto