Hajo Schiff Hamburger Kunsträume: Vom Holz und vom Verschwinden
Wenn die Bäume weiter unter Hitzestress und Orkangewitterbruch leiden, gibt es bald noch mehr Material für die 16 Künstler*innen, die sich im Gängeviertel versammeln. Denn alle vereint Holz: als Werkstoff, Grundfläche, plastisches Objekt oder natürliche Ressource. Schnitzwerke sind mehr als bäuerliche Folklore, auch in der Galeriekunst sind sie erlaubt, gleich ob ernsthaft oder ironisch.
Mit den Klischees von heimatverbundenen Reliefmotiven, die in den Souvenirshops aber inzwischen aus Kunststoff sind und aus China kommen, spielen Thorsten Passfelds Votivtafeln. Nils Knott kombiniert mit neu geschnitzten Elementen alte Möbelteile und andere Fundstücke, auch Arndt & Grumbowski sammeln und kollagieren. Lena Schmidt macht den Holzgrund ihrer Malerei zum integralen Bildbestandteil, Bobbie Serran baut Holzkästen für seine aus der Sprayer-Welt kommenden Figuren, Jana Fux orientiert sich an Ornamenten und das Künstlerduo Zonenkinder verbindet Urban-Art mit Land-Art, indem es etwa unglückliche Baumstümpfe bemalt. Insgesamt spannt die Ausstellung „In da Wood“ in der Galerie Speckstraße einen weiten Bogen zwischen Street-Art, Malerei, Skulptur, Installation und Bildhauerei. Eröffnung ist Freitag, ab 19 Uhr.
Vielleicht ist nicht alles dabei ewig unvergesslich. Genau das beansprucht nachdrücklich eine andere, am gleichen Abend eröffnende Ausstellung: „Unforgettable? Unforgettable!“ Sicher will damit die Greskewitz-Kleinitz-Galerie fünf ihrer Künstler*innen ehren: Dénesh Ghyczy, Gregor Kalus, Kristin Kossi, Constantin Schroeder und den aus der Mongolei stammenden Gan-Erdene Tsend. Aber zugleich fordert der überwiegend Malerei vertretende Ottensener Kunstort die Erinnerung an sich selbst, denn am Ende dieser Ausstellung im September werden die Türen in der Erdmannstraße 14 nach vier Jahren auf Dauer geschlossen.
Verschwinden soll auch die Sternbrücke, jedenfalls so wie der Ort heute ist, mit all seinen Kulturangeboten. Schon ab 2019 will die Bahn eine neue Brücke bauen, die Klubs Fundbureau, Waagenbau, Beat Boutique und die Astra-Stube mit Beton auffüllen und den Bauwagenplatz Zomia und den Central Park räumen. Um für den Verlust zu sensibilisieren, gibt es nun einen Fotowettbewerb um diese einzigartige Hamburger Brückenkreuzung, für den bis 20. August eine Anmeldung an restinpictureshh@gmail.com erforderlich ist. Am 25. August gibt es dann für alle Teilnehmenden einen Rundgang mit Kristina Sassenscheidt vom Denkmalverein Hamburg und einen Fotografie-Workshop mit Kristin Dittrich von der Dresdner Shift-Academy, die mit dem Künstlerhaus Faktor kooperiert. Vielleicht hilft’s.
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