Kulturaustausch macht Schule

Die 20 Unesco-Projektschulen in NRW wollen ihren SchülerInnen die Vermittlung von Menschenrechten, Demokratie und Toleranz beibringen – per internationalem Austausch und lokalem Engagement. Das Interesse an der Auszeichnung steigt

VON SEBASTIAN KORINTH

Toleranz. Menschenrechte. Demokratie. Den Glauben an solche Werte hatten nach dem Zweiten Weltkrieg viele Menschen verloren. Um Kindern und Jugendlichen zu zeigen, dass es so weit gar nicht erst kommen muss, setzt die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation (Unesco) seit 1953 auf ein neues Projekt: die nationale und internationale Vernetzung von Schulen.

Die erste so genannte Unesco-„Projektschule“ in Nordrhein-Westfalen wurde 1965 die Realschule Heiligenhaus. Bis heute nimmt sie das Ziel „Erwerb interkultureller Kompetenz durch vielfältige Begegnungen“ ernst: „Erst jetzt sind 25 Schüler von einem Besuch unseres ungarischen Partner-Gymnasiums zurückgekommen“, erzählt Christiane Clever, die Unesco-Koordinatorin der Schule. Zwölf Tage lang hatten die Schülerinnen und Schüler der Klassen neun und zehn Zeit, die ungarischen Jugendlichen und deren Heimat kennen zu lernen. Die Kommunikation ist dabei kein Problem, die ungarischen Schüler lernen Deutsch. Einen Schüleraustausch mit dem Szilagyi Erzsebet Gimnazium in Budapest gibt es seit 26 Jahren. Damals war es bundesweit der erste mit einem sozialistischen Land.

Heute unterstützt die Realschule aus dem Kreis Mettmann neben einer indischen Schule auch tibetische und nepalesische Kinder. „Die Schülerinnen und Schüler waren erschüttert über die Bedingungen, unter denen diese Kinder leben und lernen müssen“, sagt Christiane Clever. Finanzielle Hilfe erhielten außerdem eine Mädchenschule in Afghanistan und der Hospizverein Niederberg. Letzterer plant den Aufbau eines ambulanten Kinder-Hospizdienstes, der Eltern und Geschwister sterbender Kinder unterstützen soll. Die SchülerInnen werden aber auch selbst aktiv: Einige von ihnen betreuen Menschen im Senioren-Wohnheim St. Joseph.

Projektschule will das Clauberg Gymnasium in Duisburg erst noch werden. Deshalb werden dort seit zwei Jahren Projekttage organisiert, entsprechende Themen im Unterricht behandelt. Heute wird die Schule als „mitarbeitende“ Projektschule ausgezeichnet – die vorletzte Hürde auf dem Weg zur „anerkannten“ Unesco-Projektschule ist damit übersprungen. Für Schulleiter Hartmut Roth passt das internationale Engagement bestens ins Profil des Gymnasiums: „Wir haben viele Schul-Partnerschaften, unter anderem in der Türkei. Unsere Schüler stammen aus 20 verschiedenen Nationen.“ Als „Schule ohne Rassismus“ wurde das Gymnasium bereits ausgezeichnet. „All das sind Voraussetzungen, die es uns leicht machen, kontinuierlich weiter auf unser Ziel hinzuarbeiten“, sagt Roth.

Auch die Bonner Christopherusschule strebt die Auszeichnung als „anerkannte“ Projektschule an. Sie ist bisher die einzige Einrichtung für Behinderte in Nordrhein-Westfalen, die dieses Ziel verfolgt. Im Vordergrund stehen dabei Schulpartnerschaften mit Behinderteneinrichtungen in Djerba (Tunesien) und Cusco (Peru). Einen Schüleraustausch mit dem tunesischen „Centré El May“ gibt es schon. In Gruppen werden die Fahrten vor- und nachbesprochen.

Das Problem: Zur Betreuung der Behinderten müssen immer auch eine Reihe von Lehrern mitfahren. „Außerdem können wir nicht alle Spenden dafür ausgeben – und so ein Austausch ist teuer“, sagt Schulleiterin Susanne Gräfin von Lambsdorff. Andere, günstigere Projekte laufen jedoch problemlos: Seit vier Jahren betreibt die Schule zum Beispiel einen „kleinen Weltladen“. Dort werden Kaffee, Tee, Honig, Früchte und Nüsse aus „fairem Handel“ verkauft. Für die Zukunft hat die Schule ehrgeizige Ziele im Auge: Die Kooperation mit einem Bonner Berufskolleg soll wieder aufgenommen und vielleicht Kontakte nach Frankreich geknüpft werden. Die Schülerinnen und Schüler aus Djerba sprechen Französisch. „Das würde doch gut passen“, sagt die Schulleiterin.