Degradierung zur Zweitzeitung

Betr.: Angekündigte Schließung der taz hamburg

Ich bin seit 15 Jahren regelmäßiger taz-Leser und seit gut zehn Jahren Abonnent. In dieser Zeit habe ich den Lokalteil wachsen und wieder schrumpfen sehen, zuletzt auf diese 4-seitige Notausgabe mit Archivfotos. Nun, das ehemalige tägliche Kinoprogramm hin oder her: Wenn der Lokalteil ganz wegfiele, gerade in Hamburg bzw. im Norden, wäre die Degradierung von Erst- zu Zweitzeitung perfekt. Und viele Leute, so auch ich, haben nun mal keine Zeit oder kein Geld für eine Zweitzeitung.

Wenn die Abonnentenzahlen sinken, will man die Lokalausgaben streichen, um sie wieder hochzutreiben? Interessante Logik. Die einzige „kritische“, d. h. nicht-Springer-Stimme in Hamburg wäre dann die Mopo. Man stelle sich vor. In Berlin mit seinen 20 Zeitungen (wo nebenbei offensichtlich so viel passiert, dass man sich einen 8-seitigen taz-Lokalteil leistet) vielleicht schwer vermittelbar, aber ich schicke gern mal ein schmales Paket mit Abendblatt, Bild HH, Welt HH und Mopo rüber.

Zur Veranschaulichung: Ohne die taz hamburg wüsste hier z. B. niemand, was das Mühlenberger Loch ist und warum man das möglicherweise nicht hätte zuschütten sollen. Auch wäre das volle Ausmaß der regierenden Insolvenzverwalter und Downsizer wohl unbekannt. Von der Jubelarie über ein 30-Millionen-Militärmuseum, das den Rest des Kulturetats abwürgen wird, ganz zu schweigen. Kurz, ich will hier nicht plump mit einer Abokündigung drohen. Aber. Daniel Petersen

Wieder einmal steht der Fortbestand der taz hamburg in Frage. Und wieder einmal kann ich ganz im liberalen Sinne nur betonen, dass die taz hamburg für die Meinungsvielfalt in dieser Stadt eine wichtige Rolle spielt. Nur mit einer lokal verankerten taz-Redaktion, nah am Geschehen in Hamburg, kann das ohnehin bereits eingeschränkte Level der Lokalberichterstattung fortgeführt und gesichert werden. Vor wenigen Jahren, als von der FDP in Form des jetzigen Spitzenkandidaten und damaligen Fraktionsvorsitzenden Burkhardt Müller-Sönksen an dieser Stelle genau das Gleiche zu lesen war, schien es, als hätte die Geschäftsleitung die Bedeutung der Hamburger Lokalredaktion verinnerlicht.

Auch wenn die taz und die FDP sicherlich nicht immer einer Meinung sind, so gehört es zu den elementaren Grundbestandteilen einer (Medien-)Demokratie, dass die gesamte Bandbreite der politischen Landschaft auch präsent ist und auch alternative Meinungen eine Plattform finden. Ob dies in Hamburg weiterhin in bewährter Form in der taz stattfinden kann und sich institutionalisierte Kritik im hanseatischen Blätterwald weiterhin wiederfinden kann, vor dieser Frage steht die taz-Geschäftsleitung. Natürlich muss auch die taz nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten handeln, denn es nützt der Meinungsvielfalt ebenso wenig, wenn die taz mangels Wirtschaftlichkeit komplett den Betrieb einstellen muss, wozu leider sehr viele Unternehmen als Opfer der rot-grünen Politik gezwungen sind.

Auch wenn es Ironie des Schicksals wäre, wünsche ich der taz hamburg nicht, dass sie Opfer des rot-grünen Projektes wird und auch nicht, dass ihre Klientel ausstirbt. taz muss sein.Christian Sommer, Medienpolitischer Sprecher, FDP Hamburg

Solidaritätsadresse an die taz hamburg-Redaktion.Mathias Güntner