Weniger Arbeitslose und Arbeitsplätze

Leichter Rückgang der Hamburger Erwerbslosenzahlen saisonbedingt. SPD und GAL beklagen Ausbildungslücke bei Lehrstellen. Wirtschaftssenator Uldall will Arbeitsplätze schaffen und schweigt zu geplanten Entlassungen bei der Nordbank

Von Marco Carini

Aus diesen Ziffern kann keine Partei Honig saugen. Die mit Spannung erwartete letzte Präsentation der aktuellen Arbeitslosenzahlen vor der Bundestagswahl belegt eine Stagnation auf höchstem Niveau. Der leichte Rückgang der offiziell Arbeitssuchenden in Hamburg ist, so musste Jürgen Goecke, Nord-Chef der Bundesagentur für Arbeit, einräumen, vorwiegend saisonbedingt. Da gleichzeitig aber die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Jobs erneut zurückging, sei eine Trendwende nicht absehbar. Denn immer mehr Menschen wechseln aus der Arbeitslosigkeit in Ein-Euro-Jobs.

Die Fakten: Im August waren in der Hansestadt 101.700 Arbeitssuchende als beschäftigungslos gemeldet, 2.100 weniger als noch im Vormonat. Die Arbeitslosenquote sank damit erstmals seit November 2004 – von 11,9 auf 11,7 Prozent. Dieser leichte Rückgang ist laut Arbeitsagentur auch ein Beleg dafür, „dass die Aufnahme arbeitsfähiger Sozialhilfeempfänger in die Arbeitslosenstatistik abgeschlossen“ werden konnte. Der so bedingte Anstieg der Arbeitslosenzahlen sei damit gestoppt.

Rund 600 der 2.100 Personen, die die Arbeitslosenstatistik weniger führt, sind Schulabgänger, die im August ihre Ausbildung beginnen und sich aus der Arbeitslosigkeit abmelden. Doch gerade bei den Ausbildungsplätzen sieht es düster aus: 650 gemeldeten freien Ausbildungsplätzen stehen 1.700 nicht vermittelte BewerberInnen gegenüber. SPD-Arbeitsmarktexperte Hans-Christoff Dees beklagt deshalb: „Junge Hamburger profitieren nicht von der leichten Belebung auf dem Arbeitsmarkt.“

Während Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) aus der Statistik „Anzeichen für eine positive Entwicklung auf dem Hamburger Arbeitsmarkt“ und den Beleg für „eine stabile Wirtschaftslage“ herausliest, wittert die GAL Versäumnisse Hamburgs „bei der Umsetzung der Arbeitsmarktreformen“. Während eine „Ausbildungslücke“ klaffe, würden immer mehr Jugendliche mit „Ein-Euro-Jobs abgespeist“ und reguläre Arbeitsplätze „so ausgehebelt“, klagt die GAL-Arbeitsmarktexpertin Gudrun Köncke.

In die gleiche Kerbe schlägt Hamburgs DGB-Chef Erhard Pumm: „14.300 Langzeitarbeitslose wurden vorübergehend durch die Zuweisung in Ein-Euro-Jobs aus der Statistik bugsiert.“ Pumm befürchtet, dass „die meisten von ihnen am Ende der Maßnahme wieder das sein werden, was sie vorher waren: arbeits- und perspektivlos“.

Dass im vergangenen Jahr in Hamburg insgesamt 3.000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze (-0,4 Prozent) abgebaut wurden, belegt diese Tendenz. Den höchsten Arbeitsplatzabbau in der Hansestadt gab es mit allein 1.800 gestrichenen Stellen dabei im Zukunftsbereich Erziehung/Unterricht. Uldall will deshalb „mit aller Kraft die Stadt für Unternehmen noch attraktiver machen“, damit endlich wieder „neue Arbeitsplätze“ entstünden.

Doch erst einmal wird er sich mit dem drohenden Jobkahlschlag bei der von Edeka übernommenen Hamburger Einzelhandelskette „Spar“ auseinander setzen. Allein im Schenefelder Hauptsitz des Unternehmens droht nach Einschätzung von ver.di durch die Übernahme ein Abbau von rund 450 Arbeitsplätzen.

Zudem geht der Senator, wenn es um die Schaffung und den Erhalt von Beschäftigung geht, erst einmal mit schlechtem Vorbild voran. Wie jetzt bekannt wurde, will die HSH-Nordbank trotz eines nach eigenem Bekunden „zufrieden stellenden Geschäftsergebnisses“ bis zu 400 ihrer rund 4.500 MitarbeiterInnen entlassen. Weitere Bankangestellte sollen nach Informationen der Gewerkschaft ver.di in andere Betriebe „outgesourct“ werden, die nicht Mitglieder im Arbeitgeberverband sind und damit untertariflich entlohnen.

Das größte Anteilspaket an dem Kreditinstitut, das 2003 aus der Fusion der Landesbanken Hamburgs und Schleswig-Holsteins entstand, hält mit gut 35 Prozent die Stadt Hamburg, für die Uldall und Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) im Nordbank-Aufsichtsrat sitzen.

„Die Bilanzen der HSH zeigen, dass sie hervorragende Gewinne erzielt. Es gibt also für Kündigungen keinen Anlass“, beklagt der zuständige ver.di-Fachbereichsleiter Berthold Bose. Er erwartet deshalb von Peiner und Uldall „eine klare Aussage zum Erhalt dieser Arbeitsplätze“. Die aber blieb bislang aus.

Denn Arbeit schaffen – das sollen immer nur die Anderen.