Schüttler ist wieder heiß auf Tennis

Der Korbacher Tennisprofi zieht bei den US Open in die zweite Runde ein und trifft dort auf seinen Landsmann Tommy Haas. In diesem Duell kann er sich ganz nebenbei für anstehende Aufgaben im Davis Cup empfehlen

NEW YORK taz ■ Rainer Schüttler lehnte an der grauen Steinwand in den Katakomben des Arthur-Ashe-Stadions und sah immer noch ein wenig mitgenommen aus; blass um die Nase, Schweißperlen auf der Stirn. Folgen einer Erkältung, die er sich beim traditionellen Kampf mit den künstlichen Elementen eingehandelt hatte, den verhassten Klimaanlagen. So rann der Schweiß auch noch mehr als eine Stunde nach dem Sieg gegen den Italiener Potito Starace (6:1, 6:4, 1:6, 7:6), für den die Kraft in der von Krämpfen geprägten Endphase gerade noch gereicht hatte.

Bis zum Spiel der zweiten Runde am heutigen Donnerstag gegen den Kollegen Tommy Haas setzt er auf die Regenerationskraft seines gut trainierten Körpers – schließlich geht es in diesem Spiel nach seiner Einschätzung auch ums Prestige. Schüttler sagt: „Klar ist das was anderes, da ist in Deutschland sicher der Fokus drauf. Tommy ist haushoher Favorit, aber ich will ihm das Leben schwer machen und kann mich an ihm messen.“ Nun, die Einschätzung, Haas sei haushoher Favorit, ist vielleicht ein wenig übertrieben, denn der fühlt sich nach eigenem Bekunden noch nicht in bester Form. Und außerdem gibt es die Statistik der gemeinsamen Begegnungen, in der Schüttler 4:1 führt.

Tommy Haas steht in der Weltrangliste als bester Deutscher zurzeit auf Platz 31, Schüttler ist im zweiten schweren Jahr in Folge weit zurückgefallen auf Rang 98. Das alles soll sich natürlich so bald wie möglich wieder ändern. „Ich will wieder zurückkommen, ich will wieder einen guten Ranglistenplatz“, sagt er. Und leistet sich gerade jetzt neue Zuversicht. Denn während die anderen bei den Turnieren in den USA unterwegs waren, gönnte er sich eine längere Pause. Machte eine Woche Urlaub bei Freunden in Genf, ließ in dieser Zeit Tennis Tennis sein und lud die Batterie auf. Bereits im vergangenen Jahr mit der unseligen Serie von Niederlagen hatten ihm viele geraten, er solle doch mal Pause machen, um danach für neue Impulse empfänglich zu sein, doch mit dem Vorschlag hatte er sich nie richtig anfreunden mögen. Inzwischen hat er erkannt: „Das hätte ich vielleicht öfter mal machen sollen. Es tat gut, mal komplett weg zu sein. Jetzt bin ich wieder heiß auf Tennis.“

Der einen Woche Urlaub folgten zwei Wochen hartes Training, und so ist er dieser Tage in New York prinzipiell besser in Form als während vieler Wochen des Jahres. Und da kommt eine Begegnung wie die mit Haas gerade recht. Zumal die Angelegenheit angesichts des bevorstehenden Davis-Cup-Spiels Ende September gewissermassen eine dritte Dimension hat. Schüttler sagt: „So kurz vor dem Davis Cup kann man dem Coach zeigen: Ich bin auch noch da.“ Das kann Patrik Kühnen, dem Teamchef, nur recht sein. Der hat sich zwar noch nicht offiziell dazu geäußert, wer in Liberec gegen die Tschechen Einzel spielen soll, aber alles andere als die Variante Haas und Kiefer kommt nur schwer in Betracht.

Wobei Kiefer bisher die Rolle des Testpiloten spielt. In Runde eins besiegte er die Nummer acht der Tschechen, Jiri Vanek, recht souverän 6:4, 6:2, 6:3, Freitag folgt der Test gegen deren Nummer eins, Radek Stepanek. Keine einfache, aber eine machbare Aufgabe, wie Kiefer findet. Im Gegensatz zu Schüttler fühlt er sich in den USA generell und in New York im Besonderen bestens aufgehoben, und die tägliche Herausforderung im Kampf mit den Elementen hat er bisher auch bestanden.

Vier Mann des DTB sind also in Runde zwei gelandet: Haas, Schüttler, Kiefer und Björn Phau, der den schwer erkälteten Landsmann Alexander Popp besiegte; Nachzügler Burgsmüller hatte am gestrigen Mittwoch die Chance, der Fünfte zu sein. Dazu nach Julia Schruff auch Anna-Lena Grönefeld mit einem klaren Sieg bei der Premiere als gesetzte Spielerin bei einem Grand-Slam-Turnier. Alles in allem eine halbwegs ordentliche erste Runde für das deutsche Tennis im Land der feindlichen Klimaanlagen.

DORIS HENKEL