HERRENMAGAZINE, „HEUTE-SHOW“, DÖPFNER UND DIEKMANN : Herbstschlussverkauf im Kai-Shop – alles muss raus!
SILKE BURMESTER
Liebe taz-Medienredaktion, es ist zugig hier oben, in der weltersten Großkabinenseilbahn bei Freiburg. Der Blick in den Blätterwald der Schweiz zeigt, dass es Guido Westerwelle noch nicht gelungen ist, sich im Nachbarland als neue deutsche Witzfigur zu etablieren.
So haben die Schweizer noch viel Kraft, sich etwa in der SonntagsZeitung über das mühevolle Aufbäumen von Gruner + Jahrs Blattmachern lustig zu machen und die neuen Herrenmagazine Beef, Business Punk und Gala Men unter den Titel zu stellen: „So blöd kann doch kein Mann sein.“ Na, ich weiß nicht. Müsste es nicht eher heißen: „So blöd kann doch nur ein Mann sein“? Sonst wären die Hefte für Schwule, Platzhirsche und Pipettenköche ja von Frauen gemacht.
Erstaunliches kommt diese Woche auch vom ZDF, das zeigt, wie ernst Thomas Bellut es mit den Verjüngungsabsichten ist. Nein, „Bravo TV“ wird nicht reanimiert – Oliver Welkes satirische „heute-show“ soll ab 2010 wöchentlich laufen. So weit die Pflicht, jetzt die Kür: Um die jüngeren Zuschauer zu erreichen, bevor diese sich an der Tanke ins Koma saufen, wird die „heute-show“ freitags direkt nach dem „heute-journal“ ausgestrahlt. Dafür muss „Aspekte“, die biederste, lahmste, ollste Kultursendung diesseits der Wolga, auf den dunklen 23-Uhr-Platz rücken! Da hören wir Lucia Braun mit dem Füßchen stampfen.
Apropos stampfen. Manchmal verstehe ich die Springers nicht. Also natürlich verstehe ich sie eigentlich nie, aber manchmal so gar nicht: Seit Mathias Döpfner ins Rampenlicht trat – 1994 um die Wochenpost gegen die Wand zu fahren und sich zwei Jahre später als Chefredakteur der Hamburger Morgenpost unbeliebt zu machen –, schreibe ich ab und zu mal nicht nett über ihn. Nun habe ich letzte Woche erstmals anerkennende Zeilen für Dr. Döpfner gefunden, und das ist auch wieder nicht recht. Voll gelobhudelt habe ich, weil Döpfi, so will ich ihn nun nennen, dem Brender so toll zur Seite gesprungen ist. Die Springer-Leute aber finden es total ungerecht, dass ich nicht geschrieben habe, dass er, Döpfi, schon im März, vor der Wahl, gesagt hat: „Wozu es führt, wenn sich Politiker die Chefredakteure auch noch selbst ernennen wollen, kann man ja gerade beim ZDF besichtigen.“ Ich meine, was glauben die denn? Dass ich mir jeden kleinen Satz, in dem der Doktor einen Gedanken äußert, an die Wand hänge? 2006 hat er gesagt: „Sie sehen, dass Axel Springer in bester Verfassung ist.“ Da war der aber schon lange tot.
Es ist momentan sehr chic, den ganzen Medienbetrieb nicht so ernst zu nehmen und die Gräben zuzuschütten, indem man einfach alles „sportlich“ sieht. Oder etwa als taz-Autor zum Axel Springer Verlag zu gehen oder zur FAZ, grad so, als wäre eine Haltung etwas, das man mit dem Büroschlüssel abgibt. Ein neues Kapitel hat in dieser Disziplin Bild-Chefredakteur Kai Diekmann aufgemacht, dessen redaktioneller Spielplatz ihm zu langweilig geworden zu sein scheint und der nach dem Prinzip „Töten durch Umarmung“ die Unterschiede zwischen den Lagern aufzulösen versucht. Dafür stilisiert er sich in seinem brandneuen Blog zum Trottel und stellt den Journalismus als Spiel für Idioten dar.
Nun will ich nicht wieder die Meckertante sein und den Sandkastenkindern alles vermiesen. Im Gegenteil. Ich will mich mit einer paar Vorschlägen für den Kai-Shop, in dem man bereits Kai-Becher und -Beutel kaufen kann, konstruktiv einbringen: Speziell für Frauen könnte er „Kai – die Trockenhaube“ anbieten. Für die Familie „Kai – das Brot“ und für Freier „Kai – das Hygiene-Set“.
Auf den Schlussverkauf wartend, zurück nach Berlin!