Hajo Schiff
Hamburger Kunsträume
: Sommerloch und Friedhofsruhe

Im Sommer fahren die Museen die Klimaanlagen hoch und die Stammbesucher überlassen das Feld den Touristen. In den Galerien und Off-Orten aber werden die Kunstaktivitäten zurückgefahren – Sonnenhitze und frische Kunst passen nicht so recht. Und sowieso sind alle mehr oder weniger verreist.

Aber es gibt wenigstens eine schöne Ausnahme: Seit über 20 Jahren bietet im August das Projekt „puzzelink_evidenz“ (puzzelink-evidenz.de) in der Marktstraße 6 in offener Vielfalt einen Monat lang sommerliche Kulturabende mit Ein-Tages-Ausstellungen, schrägen Lesungen und frischer Musik unter dem prinzipiellen Reihen-Motto „temporär, dynamisch, porös“. Das etwas präzisere diesjährige Rahmenthema ist die Insel und was im weitesten Sinne damit zusammenhängen kann: paradiesische Eilande und enge Eigenwelten, Fluchtort und Elfenbeinturm.

Den Beginn macht am Freitag, den 3. August, um 19 Uhr Doris Cordes-Vollert. Zu ihrer Ausstellung mit Lesung merkt sie an, ihre Inseln seien nicht vulkanischen Ursprungs und auch nicht durch Dünenbildung entstanden, sondern in eigenartiger Weise im Prozess eines steigenden, sie einengenden Umfeldes aus schwarzer zähflüssiger Materie übriggeblieben. Ein guter oder ein böser Traum?

Leider nicht um Temporäres, sondern um halbe Ewigkeiten geht es auf einem Friedhof. Umso erstaunlicher ist es, dort der dynamischen Streetart zu begegnen. Aber Will Coles ist einer dieser Künstler, die dreidimensionale Arbeiten – ob gefragt oder ungefragt – im öffentlichen Raum platzieren. Und was er jetzt (legal) auf den Ohlsdorfer Friedhof gebracht hat, passt da gewiss auch gut hin: Die Installation „Hi, my name was“ besteht aus 20 handgefertigten Grabsteinen.

Am 11. August um 15 Uhr wird das Projekt vor der Kapelle 7 eröffnet und der britisch-australische Künstler stellt sich den Fragen rund um alte und aktuelle Erinnerungskultur. Organisiert hat das Ganze übrigens Christian Pfaff, der vor zwei Jahren in der Altonaer Billrothstraße den Kunstraum „Oberfett“ gegründet hat – hoffentlich ist dieser Gang zum Friedhof nicht der Anfang vom Ende.