das portrait
: Martin Kind ist ein kluger Kopf – und ein Sturkopf

Will die Spielregeln der Bundesliga ändern: Martin Kind Foto: dpa

Die Liste der Adjektive, die zu ihm passen, wird immer länger: knorrig, zielstrebig, unbelehrbar, konsequent, egoistisch. Martin Kind kämpft als Präsident, Mäzen und Geschäftsführer von Hannover 96 den Kampf gegen das Establishment. Der Name dieses klugen und sturen Kopfes wird noch lange eng mit der 50+1-Regel verbunden bleiben. Kind will damit die grundlegende Spielregel im deutschen Profifußball verändern. Das damit verbundene Paragrafengegrätsche ist selbst für einen Unternehmer seines Kalibers eine Herkulesaufgabe.

Die 50+1-Regel besteht, um die führenden deutschen Fußballvereine vor einem zu starken Einfluss durch Investoren zu schützen. Dummerweise ist sie durch Sonderregelungen für den VfL Wolfsburg, Bayer Leverkusen und die TSG Hoffenheim, bei denen das Kapital das Sagen hat, aufgeweicht. Kind kämpft um Chancengleichheit im Auftrag von Hannover 96. Einerseits macht ihn das zum Machttypen, der polarisiert. Andererseits ist es sein gutes Recht, einen Fehler im Reglement der Deutschen Fußball-Liga anzuprangern.

Seit mehr als 20 Jahren steht Kind an der Spitze von Hannover 96. Wenn er beweisen kann, dass er den Verein in dieser Zeit nicht nur angeführt, sondern auch in erheblichem Maße finanziell unterstützt hat, können ihm die Regelhüter der 1. und 2. Bundesliga seinen Wunsch nach mehr Einfluss der Kapitalseite nicht mehr verwehren. Die Frage ist nur: Geht es Kind wirklich noch um einen Kampf für 96 und den Rest der kleineren Klubs? Oder hat sich hier jemand in ein Thema verbissen, das er als millionenschwerer Firmenchef unbedingt geklärt haben will? Auf beide Fragen lässt sich mit einem Ja antworten.

Vielleicht ist eine Klage, die die 50+1-Regel kippt, das letzte große Ziel Kinds. Der Mann ist 74 Jahre alt, bewegt immer noch sehr viel, muss sich aber auch jede Menge Ärger und Beschimpfungen gefallen lassen. Seit Monaten erschallt im Stadion der Schlachtruf „Kind muss weg“. Er nimmt es in Kauf. Anders kann er und will er auch nicht. Christian Otto