Jukebox

Mit Pop den Panzerkreuzer ein wenig flott machen

Es ist nun mal so, dass sich Tote nicht wehren können. Da hat man die alten Stummfilme mit ihrer historischen Aura. Gesichertes Kulturgut, und dazu braucht es nur noch die Musik, am besten in einer Live-Vertonung, und gern machen das die die Musiker, die es auch mal zu den Weihen der Kunst drängt. Kaum einfacher lässt sich Experimentierfreudigkeit demonstrieren, als sich im nächsten kommunalen Medienzentrum so einen alten Film zu besorgen und dazu ein wenig zu musizieren. Da sind also die Pet Shop Boys, die ja ihre Verdienste haben und allgemein wertgeschätzt werden, in der Disco wegen ihrer soliden Stampfrhythmen und bei den Poptheoretikern, weil die beiden Briten die einem mit einer Smartness andrehen, wie sie im Hitparadenwesen selten anzutreffen ist. Und da ist der „Panzerkreuzer Potemkin“, der jetzt aber einfach mal zurückgestellt sein soll, so wie das auch die Pet Shop Boys gemacht haben, als ihnen der Vorschlag unterbreitet wurde, doch eine neue Filmmusik für Eisensteins Schlachtschiff der Revolution zu machen. Gern haben sie das Angebot angenommen und damit den Dresdner Sinfonikern Aufmerksamkeit verschafft, die diese neue Musik dann aufführen durften und natürlich auch am Sonntag bei dem Pet-Shop-Boys-Panzerkreuzer-Konzert auf der Museumsinsel (20 Uhr) dabei sind.

Aber die Pet Shop Boys sind eben wirklich smart. Zu smart, um sich auch mal die Finger schmutzig zu machen, und deswegen haben sie es bei professionellem Entertainment belassen mit einem gefälligen Pluckern, eine Nettigkeit, die gar nicht mehr sein will als Musikdesign und sich bestimmt nicht mit dem Film messen. Die Möglichkeit des Scheiterns wurde erst gar nicht in Betracht gezogen, und jetzt muss vielleicht doch wieder der Film aus der Versenkung geholt werden, dieser „Panzerkreuzer Potemkin“, der halt ein emotional zutiefst aufwühlendes Werk ist. Ein wirklich gewaltiges Manifest. Mit einem Pathos, gegen das man schon seine Einwände haben kann. Nur hätte man dafür den Film – und seine eigene Zuarbeit – auch ernst nehmen müssen.

So bleibt Eisenstein tot und groß, und die Pet Shop Boys haben ein wenig Nippes dazu gestellt. Ist nicht weiter schlimm. Nur schade um die weitere vertane Chance. THOMAS MAUCH