heute in hamburg
: „Wir entscheiden unabhängig“

Foto: Spendenparlament

Gert Upadek, 73, ist seit vier Jahren Vorsitzender der Finanzkommission des Hamburger Spendenparlaments.

Interview Naomi Bruhn

taz: Herr Upadek, welches Ihrer geförderten Projekte ist das spannendste?

Gert Upadek: Ich persönlich finde ein Projekt ganz besonders, das sich darum kümmert, Obdachlosen und bedürftigen Menschen Brillen zu verschaffen. Diese haben meistens schon lange keine Krankenversicherungen mehr und somit auch keine Brillen. Bei dem Projekt wurden Optiker gesucht, die sich als Partner bereit erklärt haben, zu helfen und mittlerweile wurden schon über 1.000 Brillen gespendet.

Woraus setzen sich die Spenden zusammen?

Wir bekommen im Jahr ungefähr 600.000 Euro. Davon ist über die Hälfte von unseren Parlamentariern, die einen monatlichen Beitrag von mindestens fünf Euro bezahlen – die meisten geben mehr, und dann gibt es noch große Firmen oder auch Privatpersonen, die spenden.

Auf welchen Projekten liegt dieses Jahr ein besonderer Schwerpunkt?

Hauptsächlich kümmern wir uns um Obdachlosigkeit, Armut und Isolation. Der finanzielle Schwerpunkt liegt, über die Jahre gesehen, bei Menschen, die ein geringes Einkommen haben und dadurch gesellschaftlich isoliert sind, weil sie zum Beispiel nicht ins Theater, Kino oder Freibad gehen können. Im letzten Jahr war ein Schwerpunkt eine neue Übernachtungsstelle für Obdachlose in Harburg.

Kann jeder bei Ihnen einen Antrag stellen?

Solange es ein gemeinnütziger Verein ist und das Projekt in Hamburg ist, ja.

Das Hamburger Spendenparlament entscheidet heute über die Vergabe von 190.000 Euro für wohltätige Zwecke..

Das Hamburger Spendenparlament bezeichnet sich als weder politisch noch weltanschaulich oder konfessionell gebunden, wie wird das sichergestellt?

Wir entscheiden unabhängig im Parlament und unterstützen alle Projekte, die bedürftigen Menschen helfen wollen. Dazu gehören als Träger alle christliche Kirchen, kurdische Verbände, islamische Gemeinden, jüdische Vereine, Flüchtlingshilfen – außer, sie wären dogmatisch oder radikal.

Kam es dabei schon einmal zu Kontroversen?

Ja, es wird viel diskutiert. Es gibt zum Beispiel eine Reihe von Parlamentariern, die ungern für Obdachlosenprojekte spenden, weil sie ihr Leben lang hart gearbeitet haben und ihr Geld nicht an „Arbeitsunwillige“ geben wollen. Sowas führt dann zum Beispiel zu Diskussionen darüber, woher Obdachlosigkeit kommt und dass solche Umstände meist nicht von der Abneigung zum Arbeiten kommen, sondern viel komplexere Hintergründe hat. Aber am Ende wird demokratisch abgestimmt.