Wenig Ansehen, viel Bedarf

SOZIALES Mit mehr Ausbildungsplätzen in der Pflege will ein Bündnis aus Politik und Verbänden dem Fachkräftemangel begegnen. Kritikern ist das zu wenig

„Initiative ist nur begrenzt hilfreich, wenn das Ansehen der Pflege nicht besser wird“

Landespfarrer Michael Schmidt

Mit einer Reihe von Maßnahmen will ein breites Bremer Bündnis gegen den Fachkräftemangel in der Pflege vorgehen. Zu diesem Zweck haben VertreterInnen der Initiative aus Politik, Verwaltung, Pflege, Kliniken, Verbänden, der Agentur für Arbeit und Jobcentern am Montag eine Vereinbarung unterzeichnet. So sollen im Kern die Zahl der Ausbildungsplätze erhöht, ausländische Abschlüsse leichter anerkannt und erstmals auch Ausbildungen bei ambulanten Pflegediensten ermöglicht werden. Kritik kommt vom Bremer Pflegerat.

Die Bundesagentur für Arbeit rechnet bis zum Jahr 2030 in Deutschland allein in der Altenpflege mit einem zusätzlichen Bedarf von rund 140.000 Fachkräften. Für das Land Bremen beziffert das Sozialressort diese Zahl auf etwa 1.300. Deshalb sei die Vereinbarung „ein erster Schritt“, der aber nicht alles sein dürfe, sagte der Vorsitzende des Landespflegeausschusses, Landesdiakoniepfarrer Michael Schmidt: „Die Initiative ist nur begrenzt hilfreich, wenn das gesellschaftliche Ansehen der Pflege nicht besser wird.“

So müssten die sozialen Sicherungssysteme besser ausgestattet werden, damit den Pflegekräften dauerhaft angemessene Löhne gezahlt werden könnten, forderte Schmidt. Der entscheidende Hebel, um mehr Fachkräfte gewinnen zu können, seien die Berufsperspektiven. Der Beruf sei derzeit sehr belastend und werde gesellschaftlich nicht genug wertgeschätzt. Viele Fachkräfte verließen ihre Arbeitsplätze deshalb bereits nach wenigen Jahren. „Wir müssen uns überlegen, wie wir sie länger halten können.“

Die Ausbildungszahlen in der Altenpflege könnten Schmidt zufolge auch mit einer Ausbildungsumlage erhöht werden, wie es sie etwa in Nordrhein-Westfalen gibt. An diesem Fonds müssen sich alle Pflegeeinrichtungen beteiligen. Wer tatsächlich ausbildet, bekommt aus der Umlage Geld. Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) sagte, dem Fachkräftemangel könne nur begegnet werden, wenn die Bedingung für die Pflegenden und ihre Ausbildung verbessert werde.

VertreterInnen des Bremer Pflegerates haben die Vereinbarung aus politischen Gründen nicht unterzeichnet. Sie kritisierten, dass zu den Maßnahmen keine berufsständische Pflegekammer gehört. Als Lobby für das Arbeitsfeld könne sie das Image der Pflege aber verbessern, sagte der Vorsitzende des Rates, Gerrit Krause. Zum Bremer Pflegerat gehören acht in Bremen aktive Pflege-Berufsorganisationen.  (epd, taz)