Reanimierte Tradition

FADO-FUSION In Portugal sind Madredeus eine musikalische Institution. 25 Jahre ist die Band schon aktiv und hat sich immer wieder neu erfunden. Zuletzt im Frühjahr des Jahres mit „Essência“. Das Album stellen sie nun in Bremen und Hamburg vor

Madredeus steht für die Dehnung der Grenzen des Fado und die Fusion mit Klassik, Folk und schließlich Elektro

VON KNUT HENKEL

Ein richtungsweisendes Treffen fand 1985 in Lissabons Bairro Alto, der mit Kneipen und Restaurants gesäumten Oberstadt, statt. Auf ein Glas trafen sich Pedro Ayres Magalhães von der Pop-Band Heróis do Mar und Rodrigo Leão von den Folk-Band Sétima Legião, um ihre Ideen für kommende musikalische Projekte auszutauschen. Die ähnelten sich, denn beide interessierten sich für die Reanimierung traditioneller portugiesischer Musik, was damals kaum jemand in Lissabon erwartet hätte.

Die beiden hatten schließlich schon als Punkrocker, aber auch im Rock und Pop auf sich aufmerksam gemacht. Durchaus erfolgreich – aber so ganz ausgelastet waren die beiden Musiker damit anscheinend nicht. Anders als viele Kollegen hatten Pedro Ayres Magalhãe und Rodrigo Leão, Schlagzeuger und Keyboarder, sich mit Musik auch an der Uni beschäftigt und können auch etwas mit klassischen Tönen anfangen.

Den endgültigen Ausschlag für die Gründung von Portugals erfolgreichsten Musikexport aber gab die Entdeckung von Teresa Salgueiro. Die Sängerin mit der klaren, ätherisch anmutenden Stimme, die selbst ein Telefonbuch zum Wispern bringen kann, war damals gerade mal 19 Jahre alt. Die junge Sängerin trafen die beiden just in dieser Kneipe – oder besser: sie hörten sie singen und waren sofort Feuer und Flamme.

In einem alten Kloster wurde das erste Album des Trios, welches schnell zum Quintett anwuchs, aufgenommen. Davor ging die Straßenbahn quietschend in die Kurve – so dass für länge ausufernde Stücke keine Zeit blieb. Das Kloster lieferte auch den Namen für die Band, die musikalisch für die Dehnung der Grenzen des Fado und die Fusion mit Klassik, Folk und schließlich Elektro steht. Mehr als ein Vierteljahrhundert existiert Madredeus nun und hat der traditionellen Musik Portugals im Rest Europas und darüber hinaus den Weg geebnet.

Dabei hat das legendäre Jazz-Label Blue Note, wo die Band lange Jahre unter Vertrag stand, genauso mitgewirkt wie Wim Wenders. Der nämlich beauftragte Madredeus vor siebzehn Jahren, die Filmmusik zu „Lisbon Story“ zu schreiben, wodurch Band und Sängerin Teresa Salgueiro auch international bekannt wurden.

Salgueiro ist jedoch 2007 ausgestiegen und seitdem hat Komponist Pedro Ayres Magalhães am Format der Band gefeilt, mehrere Jahre experimentiert und sein Projekt schließlich neu aufgestellt. So musste das Akkordeon auf dem aktuellen Album „Essência“ zugunsten der Violinen weichen und mit Beatriz Nunes wurde eine neue Gallionsfigur für Portugals einflussreichste Band gefunden.

■ Bremen: So, 14. 10., 20 Uhr, Glocke, Domsheide 4-5; Hamburg: Do, 18. 10., 21 Uhr, Fabrik, Barnerstraße 36