wortwechsel: Wie sich Machopolitiker auf die Brust trommeln
Seehofer, Söbrindt und all ihre Epigonen überbieten sich im Ausdenken immer neuer Qualen für Geflüchtete. Alles nur ein Ablenkungsspielchen? Auf jeden Fall beschämend!
Nichts als Schweigen
„Draußen sterben die Leut ’ “, taz-Titelseite vom 3. 7. 18
Jetzt können wir also das Ende der Humanität, der Nächstenliebe oder schlicht des Mitgefühls hautnah erleben. Alte Männer der angeblich christlich-sozialen Parteien überbieten sich in dem Ausdenken immer neuer Qualen für Flüchtlinge, die die 500 Millionen Menschen aus der EU auf keinen Fall aufnehmen wollen. Und die christlichen Kirchen? Nichts als Schweigen.
Sonst geben die meist alten Männer der Kirchenoberen ja gerne ihre Meinung auch ungefragt kund, besonders wenn es darum geht, Frauen zu drangsalieren. Man denke nur an die üble Hetze gegen Abtreibung. Das ungeborene Leben war ja immer schon wichtiger als das der Geborenen. Doch gerade jetzt muss ein entschiedenes „Stopp“ kommen, wenn die Kirchen nicht den letzten Rest an Glaubwürdigkeit und Bedeutung verlieren wollen. Oder besser „müsste kommen“, doch es kommt nix außer laut krakeelten Worthülsen. Vielleicht bin ich ja nicht der Einzige, den diese unmenschliche Politik anekelt. Uwe Barkow, Frankfurt
Flüchtende CSU-Politiker
„verboten“, taz vom 5. 7. 18
Als besorgter Leser frage ich mich, wann Transitzonen an den innerdeutschen Grenzen zu Bayern für die Wirtschaftsflüchtlinge (zum Beispiel CSU-Politiker) eingerichtet werden, die ihre Brötchen unbedingt in Berlin verdienen möchten. Wäre nur irgendwie konsequent. Kai Dreisigacker, Speyer
Macho-Machtspiele
„Söbrindts Playstation-Politik“, taz vom 3. 7. 18
Seehofer, die Söbrindts sowie all ihre Epigonen haben mit ihren Macho-Machtspielen oder deren stillschweigender Duldung dem ohnehin angeschlagenen Ansehen der Politik immens geschadet. Jene, die alternativen Fakten mehr Glauben schenken als der Vernunft, erreichen sie ohnehin nicht. Das zeigen die weiterhin miesen Umfragewerte für die CSU.
Mit ihrem unfassbaren Schauspiel widern diese Politiker nun aber auch noch jene Demokraten an, die in Zeiten des europaweiten massiven Rechtsrucks als Verteidiger einer offenen, aufgeklärten und liberalen Gesellschaft eminent wichtig sind. Jeder Mensch mit Herzensbildung kann sich nur noch von einem Politikbetrieb abwenden, in dem nicht mit deutlichen Worten gegen offen propagierten Menschenhass klare Kante gezeigt wird.
Ein um sich selbst kreisender Betrieb, in dem geduldet wird, dass sich Machos wochenlang in Primatenart dröhnend auf die Brust schlagen, statt drängende Probleme wie unbezahlbarer Wohnraum, eine unmenschliche Verkehrspolitik, Pflegenotstand, Ärztemangel und wachsende Armut endlich wirkungsvoll anzupacken.
Heute sind es die Flüchtlinge, die ignoranten Machtrangeleien zum Opfer fallen – morgen werden es die Arbeitslosen, materiell Armen, die Behinderten und die alten Menschen sein. Und irgendwann alle Bürger, die zutiefst davon überzeugt sind, dass Politik vor allem dem Wohl der durch subtile Machtstrukturen in der Gesellschaft in mannigfacher Art Ausgegrenzten zu dienen hat! Andreas Smidderk, Düsseldorf
Flüchtlingshilfe
„Brüssels Angst vor der Kettenreaktion“, taz vom 4. 7. 18
Immer öfter vergleiche ich die „Flüchtlingskrise“ mit einem Unfall: Wir verarzten mit Heftpflaster, bringen Schienen an, amputieren und geben auch psychologischen Beistand. Wenn wir mit unserer Hilfe am Ende sind, verweisen wir an andere Krankenhäuser. Die Unfallursache beseitigen wir aber nicht. Im Gegenteil, wir vergrößern sie noch. Wir exportieren Waffen und sind hier vorne mit dabei. Wir verdienen an den Kriegen mit. Nach wie vor denke ich, dass die beste Flüchtlingshilfe ist, weder Waffen zu exportieren noch herzustellen! Gertrud Gansl-Landes, Freiburg
Höllenlager
„Kanzlerin der Abschottung“, taz vom 5. 7. 18
Das Schlimmste ist, dass derzeit so viele Menschen sterben oder in Folterlager zurückgezwungen werden, weil Schiffe und sogar Aufklärungsflugzeuge festgehalten werden. Das ist moralischer Mord unter dem Deckmantel von Law and Order! Malta ist hier besonders zu brandmarken. Es passt zum unaufgeklärten Mord an der Journalistin, wie sie mit den auf dem Meer treibenden Ertrinkenden umgehen. Niemand spricht von den Höllenlagern, denen sie entfliehen und in die sie von der EU-freundlichen Küstenwache zurückgezwungen werden. Es wundert mich, dass Journalisten das nicht als den absoluten Schwerpunkt derzeit setzen. Hoffentlich können Schiffe und Flugzeuge künftig von Spanien aus starten.Annette Weber, Heusenstamm
Schmierentheater
„Asyl-Einigung“, taz vom 4. 7. 18
Nach dem unsäglichen Schmierentheater – vermutlich doch auch für Unions-WählerInnen, zu denen ich nicht gehöre, peinlich und beschämend – gibt es nun also eine sogenannte Einigung, die den tiefen Dissens zwischen den „Schwestern“ nur vorübergehend zukleistert.
Neben der zwischen Fassungslosigkeit und Häme schwankenden Berichterstattung zu diesem Thema (die AfD triumphiert: Wir jagen sie!) fand nebenbei Erwähnung, dass das Assad-Regime die Region um Daraa bombardieren und vermutlich zurückerobern lässt und damit die letzte Zuflucht für die Rebellen kontrollieren wird.
Das bedeutet Massenflucht aus dieser Stadt, in der vor sieben, acht Jahren der syrische Widerstand mit gewaltfreien Demonstrationen begann und gewaltsam niedergeschlagen wurde.
Als Gegner des Assad-Regimes, das sie als „Terroristen“ einstuft, wären zumindest die Aktivisten berechtigt, in Europa, jedenfalls in Deutschland politisches Asyl zu beantragen und ein rechtsstaatliches Verfahren zu erhalten. Das allerdings scheint mir nach den von Seehofer geplanten Maßnahmen – von Transitzentren bis zu Schnellverfahren ohne Rechtsbeistand und Rechtsmittel – unmöglich geworden.
Damit würde das im Grundgesetz verankerte Asylrecht vollends abgeschrieben, nachdem es 1993 – leider mit Zustimmung der SPD – schon verkrüppelt wurde. So kann ich nur hoffen, dass sich die SPD nicht noch einmal um eines kurzfristigen Koalitions„friedens“ willen zum Verrat an sozialdemokratischen, verfassungsrechtlichen und europäisch-humanistischen Werten verleiten lässt. Ingrid Daniels, Windeck
Ablenkungsspielchen
„Bleiberecht für alle“, taz-Titelseite vom 4. 7. 18
Grand Chapeau für den Titel „Bleiberecht für alle“! Aber: Macht durch ihre fortgesetzte Thematisierung nicht auch die taz mit beim Ablenkungs- und Ersatzspielchen des Flüchtlingsbashings?
Ohne das permanente Aufgreifen und Breittreten durch die sonst kritischen und seriösen Medien würde die Gehirnwäsche ja nicht funktionieren. Verbannt das Thema endlich auf die Quatschseite, die liest sowieso keiner.
Straft sie mit Missachtung und berichtet über Relevantes. Rainer v. Kügelgen, Hamburg
Geniale Titelseite
„Bleiberecht für alle“, taz-Titelseite vom 4. 7. 18
Großes Kompliment für die Titelseite am 4. 7.! Bei all dem geradezu erstickenden Politiksch… befreiend lachen zu können – wie wohltuend! Immer wieder finde ich die Titel plus Bild genial. Danke!
Und da ich gerade am Schreiben bin: Vielen Dank auch für die Kolumne von Bettina Gaus vom 30. 6. 18 „Das Leben in finsteren Zeiten“! Viele Grüße – weiter so!Andrea Bauer, Darmstadt
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