das portrait
: Die Sportgymnastin Julia Stavickaja will unbedingt zur WM

Ball flach halten ist nicht ihre Sache: Julia Stavickaja tritt öffentlich für ihre Belange ein Foto: Britta Pedersen/dpa

Ihre Leistungen im Wettkampf? Sind bestens. Ihr sonstiges Auftreten? Auch hier macht Julia Stavickaja eine richtig gute Figur. Aber wie gut die Leistungssportlerin am Ende ist, bestimmen bei der Rhythmischen Sportgymnastik andere. Stavickaja möchte im September Deutschland bei der Weltmeisterschaft in Sofia vertreten, darf aber wohl nicht. Die Verantwortlichen des Deutschen Turner-Bundes (DTB) wollen das Ass aus Bremen nicht im Einzelwettbewerb, sondern nur als Ergänzung der Mannschaft einsetzen. Ob das gerechtfertigt oder ungerecht ist, darüber wird leidenschaftlich gestritten.

Der deutsche Sport lässt seine Talente in Bundesleistungszentren ausbilden, die miteinander konkurrieren und Erfolge benötigen. Stavickaja trainiert in Bremen. Ihre stärksten Rivalinnen, die zur WM als Einzelstarterinnen berufen werden sollen, üben im nationalen Leistungszentrum in Schmiden. Der Vorwurf aus Bremen, dass die anderen aus Baden-Württemberg bevorzugt werden, ist nicht neu. Er wird jetzt lautstark erneuert.

Es ist verständlich, dass Stavickaja um ihren WM-Start im Einzel kämpft. Sie schuftet bis zu fünf Stunden an fünf Tagen pro Woche in der Trainingshalle. Wenn sie nach 2016 in Rio de Janeiro auch 2020 in Tokio bei den Olympischen Spielen starten will, sollte sie bei einer WM besser am Start sein. Im richtigen Leben studiert Stavickaja Jura. Sie scheint viel Ehrgeiz und ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsbedürfnis zu haben.

Angesichts einer drohenden sportlichen Sackgasse hat Julia Stavickaja dem Weser-Kurier verraten, dass es einen Ausweg geben könnte: Sie besitzt auch die lettische Staatsbürgerschaft und könnte sich vorstellen, für das Heimatland ihrer Eltern starten. Ups! Darf man so etwas sagen? Stavickaja klingt vernünftig, wenn sie ihren Standpunkt vorträgt. Aber sie ist 20 Jahre jung, was in ihrer Sportart alt ist und zur Eile mahnt. Ob es allerdings schlau ist, öffentlich gegen die Spitze des DTB aufzubegehren, darf bezweifelt werden. Christian Otto