„Wir sind platt“

KRIMINALISIERUNG Zwei Aktivisten der Wasserturm-Ini wegen Verbreitung eines Bekennerbriefs verurteilt

Die Schanzenpark-Aktivisten Claudia F. und Jörg M. sind vom Landgericht als Berufungsinstanz wegen Beihilfe zur Sachbeschädigung und versuchter Nötigung zu 70 Tagessätzen Geldstrafe verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass sie durch die Erstellung und Verbreitung eines Bekennerschreibens über eine Sachbeschädigung bei der Betonfirma Lebbin am 25. November 2005 andere Firmen davon abhalten wollten, sich am Bau des Mövenpick-Hotels zu beteiligen. Damals waren an Betonmischern 100 Reifen zerstochen worden.

In dem Bekennerschreiben hatte es geheißen: „Wir sind lahm gelegt, wir sind platt, die Luft ist raus – schade, dass Beton nicht brennt.“ Dieses wertete der Vorsitzende Richter Cornelius Neree als Warnung an andere Firmen und als Drohung, so Neree, „dass beim nächsten mal Feuer gelegt“ werde. Die Sachbeschädigungen selber und das Verbreiten der Bekennung stünden daher in einem „inhaltlichen und sachlichen Zusammenhang“.

Vom Vorwurf, einen Bekennerbrief zu einer Sachbeschädigung am 27. Oktober 2005 versandt zu haben, den die Hamburger Morgenpost dem Staatsschutz übermittelt hatte, ist Jörg M. freigesprochen worden. Das deshalb ermittelte Internet-Café hatte M. mit einer illegalen Videokamera gefilmt, so dass die Aufnahmen laut Gericht einem Beweisverwertungsverbot unterliegen.

Über die etwaige „Fernwirkung“ dieses Beweisverwertungsverbots machte Neree bei der kurzen Urteilsverkündung keine Ausführungen, obwohl es Gegenstand der Plädoyers der Verteidiger Andreas Beuth und Marc Meyer gewesen war. „Ohne diese rechtswidrigen Videoaufnahmen würden wir hier nicht sitzen“, sagte Beuth. Ohne die Aufnahmen wären M. und F. nicht ins Visier geraten, hätte es keine Observationen und Hausdurchsuchungen gegeben.

Zudem sei das bloße Verbreiten einer Bekennung ohne Tatbeteiligung nicht strafbar, sagte Beuth, sonst würde sich auch der taz-Redakteur beim Abdruck strafbar machen. Verteidigung und Staatsanwaltschaft kündigten Revision an. KAI VON APPEN