Bubis, Emos, Rockbaukasten

Indie-Bands nennen sich gern nach Fußballern, wenn sie ironisch rüberkommen wollen: Sportfreunde Stiller oder Bum Khun Cha Youth. Nur logisch, dass ich an den damals müllernden Bochumer Torjäger Peter Madsen dachte, als die Band Madsen 2005 mit ihrem Debüt-Album „Madsen“ herauskam. Aber falsch: Die Band heißt so, weil drei Mitglieder so heißen. Und während Madsen (der Fußballer) bald in der Versenkung verschwand, ging Madsen (die Band) auf Erfolgskurs. Grundstein: das Album „Madsen“.

Das hörte ich einmal und fand es sofort gut – eines der seltenen Male, dass ein ganzes Album im Ohr bleibt. Negative Ausnahme war ausgerechnet die Single „Perfektion“, damals Indie-Party-Hit und (auch in Verbindung mit dem Bandnamen) songtextmäßig extrem satireverdächtig: „Du bist perfekt / makellos / du bist besser als gut / du bist perfekt / einfach groß / ich wäre gern wie du / du bist die Perfektion“ – dummerweise versucht die Band in der letzten Strophe einen ernsthaften Dreh zu kriegen und erklärt, dass Perfektion auch langweilig sein kann.

Derartige Humorlosigkeit ist eigentlich ein Ausschlusskriterium, aber mir fiel sie glücklicherweise erst auf, als ich die Platte schon hatte. Die Musik auf „Madsen“ ist klassischer Gitarrenrock, ordentliches Geschrammel, treibende Drums, Breaks an den richtigen Stellen, der Gesang kippt gern ins Dramatische – „Musik aus dem Rockbaukasten“, monierten Kritiker damals zutreffend. Aber dafür, dass Universal das Album herausbrachte, klang alles noch erstaunlich ungeschlacht.

Ähnlich bodenständig die Songthemen: die Emos junger Menschen, adoleszente Beziehungsunsicherheit, der Akt des Entliebens und Neuverliebens, verzweifelte Schwärmereien, Sehnsüchte, Weltschmerz … ein „Repertoire typischer Teenagersorgen“, beklagte sich jemand – ebenfalls zu Recht! Es wurden halt alle Themen schon mal besungen, aber noch nicht von jedem – und selten mit dieser Direktheit: „Das ist keine Liebe / das sind nur noch Phrasen / wir glauben uns nichts mehr / es gibt nichts mehr zu sagen / doch ich halte mich an dir fest / ich lass dich nicht mehr los / denn so sind wir es ja gewohnt“.

Für solche Songtexte gibt es garantiert keinen Lyrikpreis, aber es ist so dicht an der Lebensrealität, an den teenagertypischen Wünschen und Ängsten, dass es glaubhaft rüberkommt. Bis auf die beiden Ausfälle („Perfektion“ und „Diese Kinder“) gilt das für alle Songs – ein Lob, aber gleichzeitig eine Hypothek für die Band, die nie mehr so glaubhaft rüberkam wie auf ihrer ersten CD. Am Montag spielen Madsen mit Blackmail als Vorband in der C-Halle. MALTE GÖBEL