Rocker und Polizistin vor Gericht

Die Angeklagte ist Kripobeamtin und soll einem Rocker gegen Geld Dienstgeheimnisse verraten haben. Vor Gericht steht auch ihr Beamtenstatus auf dem Spiel

Schwerwiegende Vorwürfe gegen eine Beamtin der Kieler Kriminalpolizei: Die 45-jährige Oberkommissarin und alleinerziehende Mutter muss sich seit Mittwoch wegen Bestechlichkeit, Vorteilsnahme im Amt und Verletzung des Dienstgeheimnisses verantworten. Ihr droht die endgültige Entlassung aus dem Polizeidienst. Die Angeklagte bestreitet die Vorwürfe. Sie wurde nach Start der Ermittlungen Ende 2012 zunächst suspendiert, wurde aber inzwischen vorläufig vom Dienst enthoben – bei 70 Prozent ihrer Bezüge, wie Oberstaatsanwalt Alexander Ostrowski sagte.

Er warf der 45-Jährigen vor, vor rund sechs Jahren, als in Schleswig-Holstein noch der sogenannte Rockerkrieg Schlagzeilen machte, einem mitangeklagten damaligen Rocker der Red Devils Namen und Anschriften von Fahrzeughaltern gegnerischer Rockerclubs verschafft zu haben – für jeweils zehn Euro. Dazu soll die Oberkommissarin die polizeiliche Verkehrsdatenbank illegal genutzt haben, was sie auch wusste, sagte der Ankläger.

In vier weiteren Fällen ohne Bezug zur Rockerkriminalität soll die 45-Jährige die Bearbeitung von Akten unterbunden und so eine Strafvereitelung versucht haben. Die Ermittler kamen ihr nach Angaben von Ostrowski durch einen Zettel auf die Spur, auf dem der Ex-Rocker Autokennzeichen von Fahrzeugen verfeindeter Rockergruppen notiert und sie dahinter die Halterdaten vermerkt haben soll.

Dem 55-Jährigen wirft die Anklage Bestechung und Anstiftung zur Verletzung von Dienstgeheimnissen vor. Bei einer Verurteilung drohen den Angeklagten Freiheitsstrafen zwischen drei Monaten und fünf Jahren.

Die Angeklagte will sich „gegen die Anschuldigung der Bestechlichkeit und der versuchten Strafvereitelung im Amt zur Wehr setzen“, erklärte Verteidiger Volker Berthold. Sie habe „keine Halterdaten gegen Bezahlung weitergegeben“, sondern weil sie sich mit ihrem damals neunjährigen Sohn „in einer als bedrohlich empfundenen Situation“ befunden habe. Sie habe geglaubt, von ihrem Dienstherren keine hinreichende Unterstützung zu erhalten.

Der Oberstaatsanwalt strebt für die Frau eine Gesamtstrafe von „mindestens einem Jahr oder darüber“ und für den früheren Rocker eine Bewährungsstrafe an. Bei einer Verurteilung zu mehr als einem Jahr müsste die Beamtin aus dem Dienst entlassen werden und würde damit Beamtenstatus und Pensionsansprüche verlieren. Bei einem Schuldspruch wegen Bestechlichkeit reicht dazu ein halbes Jahr.

Der Oberstaatsanwalt sagte, die Angeklagte sei nicht mehr tragbar. Polizei und Staatsanwaltschaft hätten kein Interesse an ihrer Rückkehr in den Dienst. Sie selbst strebt das aber immer noch an, sagte der Kammervorsitzende. Ein von ihr angestrengtes Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Schleswig ruhe. Man wolle dort den Ausgang des Strafprozesses abwarten.

Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt.