Flüchtlinge drohen mit Suizid

MIGRATION 78 Asylsuchende aus Sri Lanka sitzen seit zehn Tagen auf einem australischen Boot fest. Sie wollen ihre Aufnahme in Australien erzwingen. Das lehnt die Regierung ab

In Australien hat die Krise zu heftigen politischen Auseinandersetzungen geführt

AUS CANBERRA URS WÄLTERLIN

„Wir sterben lieber, als hier an Land zu gehen.“ Mit diesen Worten bestätigten 78 Asylsuchende aus Sri Lanka ihre Absicht, sich kollektiv das Leben zu nehmen, falls Australien sie nicht aufnehme. Die Gruppe von tamilischen Flüchtlingen befindet sich seit zehn Tagen auf einem australischen Schiff, das sie vor der indonesischen Insel Bintan in internationalen Gewässern auf Bitten Jakartas aus Seenot gerettet hatte. Unter den Asylsuchenden befinden sich Frauen und Kinder.

Der Vorfall droht die Beziehungen zwischen Australien und Indonesien zu belasten, nachdem sich der für die Region zuständige indonesische Gouverneur geweigert hatte, die Flüchtlinge aufzunehmen.

Die Krise folgt einer ähnlichen Situation vor zwei Wochen, als sich eine Gruppe von ebenfalls tamilischen Flüchtlingen geweigert hatte, in einem Hafen der indonesischen Hauptinsel Java ihr Boot zu verlassen. Wie im jüngsten Fall war Australien das Ziel der Flüchtlinge. Die australische Regierung begann danach, mit dem indonesischen Präsidenten Susilo Bambang Yudhoyono über Möglichkeiten zu verhandeln, die wachsende Zahl von Flüchtlingen in Indonesien abzufangen und vor Ort den Anspruch auf Asyl zu untersuchen. Einzelheiten sind nicht bekannt.

In Australien hat die Krise zu heftigen politischen Auseinandersetzungen geführt. Polemik, gemischt mit Rassismus, dominiert die Debatte. Die konservative Opposition verurteilt die Bemühungen von Premier Rudd als „indonesische Asyllösung“. Der Regierungschef versuche die Verantwortung auf den Nachbarn im Norden abzuschieben. Der Sozialdemokrat Rudd dagegen präsentiert sich in der Öffentlichkeit als „hart gegenüber Menschenschleppern“, die Asylsuchende gegen Bezahlung auf oft seeuntüchtigen Schiffen auf die gefährliche Reise nach Australien schickten, verhalte sich aber „fair gegenüber den Asylsuchenden“.

Konservative Politiker warnen, unter den tamilischen Flüchtlingen „könnten sich Terroristen verstecken“. Ein Sprecher der sri-lankischen Gemeinde in Australien meinte, es sei fast sicher, dass sich unter den Asylsuchenden ehemalige Mitglieder der in Australien als terroristische Organisation verbotenen Widerstandsgruppe „Tamil Tigers“ befinden. Zahlenmäßig ist das Problem der Bootsflüchtlinge in Australien keines: 2008 kamen nur etwa 1.700 asylsuchende Menschen auf Booten nach Australien.