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Hajo Schiff Hamburger KunsträumeExpertentum infrage gestellt

Ein kirschroter Lamborghini, ein ungemütlicher Stuhl oder eine Feder als Lampe – all das hat mit Design zu tun. Doch es geht den Designer*innen längst nicht mehr bloß um schöne Produkte: Alles im Leben kann gestaltet werden, auch das Leben selbst. Solche Dienstleistung soll kein Luxus sein, dachten sich einige Student*innen der HfbK in Hamburg und arbeiteten 2011 zu Fragestellungen von Menschen aus St. Pauli. Nun nimmt das Team der „Öffentlichen Gestaltungsberatung“ um Professor Jesko Fezer die Arbeit wieder auf.

In Kooperation mit der GWA St. Pauli am Hein-Köllisch-Platz 11 bietet das „Studio Experimentelles Design“ jeden Mittwochabend kostenfreie Design-Unterstützung. Alle, die ihr Umfeld mitgestalten möchten, können dort konkrete Alltagsprobleme bearbeiten, um in Wohnung, Laden, Straße, Stadtteil, Schule, Betrieb, Familie, Garten, Hof, Platz, Lokal und Keller gemeinsam etwas zu verändern (www.gestaltberatung.org).

Die „Öffentliche Gestaltungsberatung“ möchte praktische Hilfestellung für selbsttätiges Handeln leisten und die Entwicklung kollektiver Ansprüche und alternativer Vorstellungen des Städtischen anregen. Sie will sich mit den drängenden Fragen der Gegenwart befassen und betont gemeinsame Forschung, Partizipation in der Gestaltung, Zusammenarbeit bei der Umsetzung und gemeinschaftliche Nutzung.

Damit stellt sie auch die Idee der Autorenschaft und das Expertentum an sich infrage. Auch wenn hier eine Öffnung zum Sozialen gewollt ist, so ist Design sonst nicht so frei, sondern eher teuer. Und besonders gelungene oder erfolgreiche Problemlösungen in Design und Kunst werden gerne kopiert oder schlicht gefälscht.

Fälschungen wiederum sind für den heimlich kichernden Verkäufer ein gutes Geschäft, für den Kunstmarkt und das Ansehen der Experten aber eine Katastrophe. Dennoch findet das Thema beim Publikum großes, gar etwas schadenfrohes Interesse. Es gibt Fälschermuseen, Filme über berühmte Fälscher und so skurrile Metaebenen wie die gefälschte Signatur eines bekannten Fälschers auf einem schlecht gefälschten Bild.

Das Thema „Echt Falsch“ wird noch bis Anfang Juli in der Fabrik der Künste in Hammerbrook dargestellt (www.fabrikderkuenste.de), an diesem Sonntag diskutieren dort um 16 Uhr Kunstexperten über „Die große Gier“, ein leitender Ermittler des Berliner Landeskriminalamtes ist auch dabei.

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