Kunsthale KuLe: Purple Rain: Die Erinnerung ist lila im Sampling von Will Fredo
Zu den persönlichsten Arbeiten findet das Publikum oft den tiefsten Zugang. Vor allem, wenn die eigene Geschichte sich mit anderen Narrativen verknüpft. Sie vielleicht sogar durch gegensätzliche Kanäle geleitet wird. Die Videoarbeit „TRAMA“, Herzstück der Einzelausstellung „TRAMAAAH“ von Will Fredo, die nun im Kunsthaus KuLe eröffnet, tut dies mithilfe unerwarteter Chiffren. Fredo begleitete seine Mutter auf ihrer Reise von Portugal nach Guatemala, wo sie, die Verlorengeglaubte, die ihr verloren gegangenen Familienmitglieder als Erwachsene wiedertrifft. Die Reunion, das Wiederfinden im Jetzt, ist mit der in der nationalen Geschichtsschreibung verschütteten Vergangenheit so sehr verflochten, dass Fredo einen Filter schier benutzen muss, um die Geschichte erzählen zu können. Nicht er, sondern ein Sänger wagt die Bitte: „Tell me about yourself, tell me about your life.“ Fredo begegnet dem Problem des Unsagbaren, indem er die „Doku-Fiktion“ als schnell geschnittenes Sample aus Interviews, Musikvideos und Soap-Operas neuinterpretiert. Das Ernste mit dem Banalen zu konfrontieren, eine auf den ersten Blick unerhörte Geste, findet im Überfrachteten, das der Soap eigen ist, zur Überlappung von Trauma in Drama. Die Telenovelas, die Fredo in die aufgezeichneten Szenen zwischen Mutter und Familienmitgliedern einspielt, lesen sich vom Format her wie Kitsch – in der Parallele zum endlich Gesagten am Küchentisch aber erweist sich ihr Gehalt als gravierend: „Oh God, give me the strength to bear this emotion“, sagen die Figuren. Eine Verwandte von Fredos Mutter aber sagt: „If you want to find someone, you should use the color purple.“ Ein Wissen, das auch Prince teilte. Und an dem Fredo uns teilnehmen lässt. nym
Eröffnung: 13. 6., 18 UhrBis 16. 6., Do–Sa 13–17 Uhr + nach Vereinbarung: info@kunst hauskule.de, Auguststr. 10
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