New Orleans ist eine Warnung
: Kommentar von Bernd Pickert

Die Bundesregierung hat den USA Hilfe bei der Bewältigung der Hurrikan-Katastrophe angeboten. Das ist richtig so und eigentlich selbstverständlich, selbst wenn es sich bei dem betroffenen Land um die reichste Nation der Welt handelt und ein Teil der Probleme bei der Katastrophenbewältigung daher rühren, dass dessen Regierung sich entschieden hat, einen Großteil ihrer Ressourcen in den Irakkrieg zu stecken. Dennoch: Im Vordergrund muss die Hilfe für die Betroffenen stehen.

Nicht angehen kann dagegen, dass sich US-amerikanische Konservative und Leute wie Otto Graf Lambsdorff jede Diskussion über die Ursachen der Katastrophe und die längerfristigen Konsequenzen verbitten. Es kann nicht sein, dass als „antiamerikanisch“ beschimpft wird, wer das Wort „Kioto-Protokoll“ auch nur in den Mund nimmt. Denn das hieße tatsächlich, die Opfer der Katastrophe zu verhöhnen. „Weiter so!“ jedenfalls ist sicher nicht der Weg, der den heimatlos gewordenen Menschen im Süden der USA einsichtig wäre.

Allerdings: Für europäische Überheblichkeit gegenüber Amerika gibt es auch keinen Anlass. Wer in den vergangenen Jahren etwa die deutsche Diskussion über ein Hochwasserschutzgesetz verfolgt hat und wer die erfolgreichen Interventionen der Lobby- und Wirtschaftsgruppen und ihrer Partnerparteien gegen die ökologische Vernunft erlebt hat, kann kaum mit dem Finger auf die Vereinigten Staaten zeigen.

Es ist paradox: Als die Umweltbewegung Ende der Siebziger-, Anfang der Achtzigerjahre weltweit ihre Themen mit Macht auf die Agenda setzte, da waren apokalyptische Szenarien wie Hochwasser- und Sturmrekorde im Jahresrhythmus noch reine Schreckensvisionen in einer fernen Zukunft. Ein Vierteljahrhundert später, da sich viele der Befürchtungen bewahrheiten, gerät Umwelt- und Klimapolitik weltweit unter den Druck einer immer aggressiver auftretenden Wirtschaftslobby, die die Globalisierung nutzt, um Regierungen vor die Scheinalternative „Jobs oder Umwelt“ zu stellen.

Die Bilder aus New Orleans sind auch ein Appell an die Vernunft – und gegen den Irrsinn dieser Wirtschaftsweise, in den USA wie im Rest der Welt.