HAMBURGER SZENE VON LISA FRANKENBERGER
: Opa dringend gesucht!

„Nächster Halt: Jungfernstieg.“ Einige Fahrgäste stehen auf und drängen sich in Richtung Ausgang. Gegenüber sitzt eine Frau mit einem Mädchen auf dem Schoß. Die Kleine zappelt und will auf den gerade freigewordenen Sitz gegenüber klettern. Doch ihre Mutter hält sie auf.

„Es gibt so viele andere Leute die sitzen wollen, bleib auf meinem Schoß!“ Ein älterer Herr dankt ihr lächelnd und lässt sich auf dem freien Platz nieder. „Morgen fährst du zur Oma, dann geht sie mit dir in den Zoo“, verspricht die Mutter ihrer Kleinen gerade. Diese strahlt über beide Ohren, hüpft auf dem Schoß ihrer Mutter auf und ab und singt: „Zu Omi und Opi, fahr ich morgen.“ „Aber Susi, du hast doch gar keinen Opi mehr“, versucht die Mutter zu erklären. „Der ist doch schon lange tot.“

Einen Moment lang hält die Kleine still, sie denkt nach, das kleine Näschen kräuselt sich und die Unterlippe wird von ihren Zähnen malträtiert. Doch diese Stimmung hält nicht lange an. Susi ist kein Kind von Traurigkeit. Plötzlich ruft sie laut und fordernd: „Ich wiiiillll aber auch einen Opi. Warum darf ich keinen Opi haben, Mami?“ Noch bevor Mami antworten kann, streckt Susi ihren Finger aus und zeigt auf den älteren Herrn. „Der da! Das ist jetzt mein Opi“, beschließt sie. Der Mann lächelt irritiert. Er überlegt sichtlich, ob es so gut war, dass Susis Mutter ihm den Platz gerettet hat.